Wo Männer noch Männer sind

Saarbrücken. Früher war ja nicht alles besser, aber manches einfacher. Etwa im Actionkino der 80er und frühen 90er. Eine Welt war das, in der es tatsächlich auf die Größe ankam: auf die der glänzenden Muskeln, der gezückten Messer und der geölten Schusswaffen mit Phallus-Charakter, die sich mit großen Feuerbällen in Dutzende Gegner entluden

 Bitte lächeln! Dies ist nur ein Teil der grimmigen Söldnertruppe (von links), deren Mitglieder mitunter merkwürdige Namen tragen: Yin Yang (Jet Li), Lee Christmas (Jason Statham), Barney Ross (Sylvester Stallone), Toll Road (Randy Couture) und Hale Caesar (Terry Crews). Foto: Fox

Bitte lächeln! Dies ist nur ein Teil der grimmigen Söldnertruppe (von links), deren Mitglieder mitunter merkwürdige Namen tragen: Yin Yang (Jet Li), Lee Christmas (Jason Statham), Barney Ross (Sylvester Stallone), Toll Road (Randy Couture) und Hale Caesar (Terry Crews). Foto: Fox

Saarbrücken. Früher war ja nicht alles besser, aber manches einfacher. Etwa im Actionkino der 80er und frühen 90er. Eine Welt war das, in der es tatsächlich auf die Größe ankam: auf die der glänzenden Muskeln, der gezückten Messer und der geölten Schusswaffen mit Phallus-Charakter, die sich mit großen Feuerbällen in Dutzende Gegner entluden. Männerkino, bei dem das Testosteron von der Leinwand dampfte (und dabei nicht selten das Hirn des Zuschauers einnebelte).Sylvester Stallone, der ewige "Rambo", und "Terminator" Arnold Schwarzenegger trampelten als Arche- und Stereotypen durch dieses boomende Genre. Stoische Übermenschen, übermenschliche Stoiker. Die Einkaufsliste ihres Waffenmeisters war lang, das Handlungsgerüst der Filme dünn - es hat Symbolwert, dass sie 1986 mit den verschwistert klingenden Filmen "Die City-Cobra" (Stallone) und "Der City-Hai" (Schwarzenegger) konkurrierend durchs Parkett ballerten. In ihrem Windschatten erlangten auch andere Mimik-Minimalisten die mittleren Weihen der Bahnhofskinos: Veteran Chuck Norris, der schon 1972 von Bruce Lee im Kino zu Tode geprügelt wurde, und Dolph Lundgren, ein Monolith aus Schweden, seinerseits von Stallone in "Rocky IV" 1985 zu Klump gehauen. Das hätten die Kritiker auch gerne mit diesen Filmen getant: reaktionär, dumpf und gewaltverherrlichend fanden sie diese Werke (meist zurecht). Aber was juckte das schon die überwiegend männlichen Kinogänger, die ihre Helden verehrten, die die Welt so einfach und übersichtlich sehen, wie man sie sich manchmal wünscht: Als Schwarzenegger in "Predator" - einem der besten Actionfilme der 80er - sich einem scheinbar unverwundbaren Außerirdischen gegenüber sieht, schließt er messerscharf: "Wenn es blutet, können wir es auch töten." Kann Logik schlüssiger sein?Was die Filme damals wie heute goutierbar macht, war die unterschwellige Ironie, ob nun bewusst oder unbewusst: Die Actionhelden waren fast unverwundbar, ihre Achillesferse waren lediglich längere Dialoge und eine klare Aussprache - eine Kompanie der schwer Verstehbaren: Stallone nuschelte, Schwarzenegger knarzte kiefernmahlend mit Österreich-Akzent; die später am Thron sägenden Action-Azubis flüsterten jenseits der Hörbarkeitsgrenze (Steven Seagal) oder kämpften mit flämisch-französisch-schlurfendem Akzent (Jean-Claude Van Damme). Ein Füllhorn der Heiterkeit, ebenso wie der opernhaft inszenierte Männlichkeitskult, der jene Ecke im Herzen erwärmte, die dem ewig Pubertären gewidmet ist.Dennoch: Irgendwann war der Feuerzauber erloschen, die Übermenschen langweilten das Publikum, gefragt waren ansatzweise komplexere (Anti)-Helden - vor allem der stets schwitzende, blutende und leidende Bruce Willis in der "Stirb langsam"-Reihe. Schnell starb da die Karriere von Stallone, der sich ohne Erfolg in Komödien neu zu erfinden suchte; Schwarzenegger hielt sich länger, doch nach dem Triumph in "Terminator" und seiner unterschätzen Genre-Parodie "Last Action Hero" musste es in den 90er Jahren bergab gehen. Sein Weg in die Politik war letzlich auch ein Karriere-Ausweg.Stallone ist nicht in die Politik gegangen, hat im mageren Karrierherbst erkannt und akzeptiert, dass das Publikum ihn nur in bewährten Rollen sehen will. Nach späten und recht erfolgreichen Fortsetzungen "Rocky Balboa" (2006) und "Rambo" (2008) setzt der 64-Jährige nun den guten alten Zeiten des rustikalen Actionkinos ein Denkmal - und könnte gleichzeitig eine Kino-Serie losgetreten haben, die ihm die Rente sichert. Für den Söldnerfilm "The Expendables" hat er als Autor und Regisseur Kollegen und sogar Rivalen versammelt: Dolph Lundgren, Jason Staham, Jet Li, Mickey Rourke, Bruce Willis und sogar Arnold Schwarzenegger, der allerdings nur in einer Szene zu sehen ist (und dennoch prominent auf dem Kinoplakat prangt).Der Film mit einer schlicht gestrickten Geschichte um böse Drogenbarone und eine Söldnertruppe füllt seit zwei Wochen die US-Kinos und hat bereits knapp 70 Millionen Dollar eingespielt. Derweil wissen die meisten US-Kritiker nicht, ob sie angesichts der blutigen Macho-Oper (bei uns frei ab 18 Jahren) weinen oder angesichts der offensichtlichen Nostalgie des Unternehmens lachen sollen. Dem Zielpublikum wird das Votum der Kritik ohnehin schnuppe sein - also ist fast alles wieder so wie 1985. "The Expendables" startet in vielen Kinos der Region.

Auf einen BlickDie anderen neuen Filme der Woche: Das Saarbrücker Filmhaus zeigt das Sozialdrama "Versailles". Im Mittelpunkt steht der Aussteiger Damien, der in den Wäldern unweit des berühmten Prachtschlosses Versailles haust. Eines Tages muss er die Verantwortung für ein Kind übernehmen und beginnt, sein Leben zu ändern. In der Saarbrücker Camera Zwo läuft die satirische Tragikomödie "Das Leben ist zu lang". Zentnerweise Unglück lädt Regisseur Dani Levy seiner egozentrischen Hauptfigur auf die Schultern und lässt sie dann an der Unvollkommenheit des Lebens scheitern. Nett anzusehen, doch es fehlt der letzte Biss. Ebenfalls in der Camera Zwo läuft der charmante französische Film "Der kleine Nick" nach den Büchern von René Goscinny. Das behagliche Kinderleben gerät aus den Fugen als Nick erfährt, dass er ein Brüderchen bekommen soll. Eine optisch reizvolle Komödie.Die Dokumentation "Space Tourists" im Filmhaus (Sb) zeigt Nicht-Astronauten, die viel dafür bezahlen, ins All zu reisen.In einigen Kinos der Region läuft der Tanzfilm "Step Up 3", mit dünner Geschichte, aber grandiosen Tanzchoreografien. In den meisten Kinos läuft der Streifen in 3D. freKritiken und Termine heute im treff.region.

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