Vorsicht geboten beim Stromanbieter-Wechsel

Saarbrücken · Längst nicht jeder Stromanbieter weist seine Zahlen öffentlich aus. Wie solide und wirtschaftlich nachhaltig solche Unternehmen arbeiten, sollte jedoch auch ein Kriterium für die Wahl des Stromanbieters sein. Das Institut für Wirtschaftsprüfung (IWP) an der Universität des Saarlandes hat Erstaunliches herausgefunden.

Der Rat, den Stromanbieter zu wechseln, um Geld zu sparen, gehört zum Standard-Repertoire jedes guten Verbraucherschützers. Doch wohin soll man gehen? Bei fast 1100 Unternehmen fällt die Wahl schwer. Und was ist, wenn der Anbieter in die Insolvenz rauscht - wie 2011 bei Teldafax und 2013 bei Flexstrom geschehen.

Wie solide und wirtschaftlich nachhaltig sind die Stromanbieter? Dieser Frage ist das Institut für Wirtschaftsprüfung (IWP) an der Universität des Saarlandes nachgegangen. 15 Unternehmen hat das IWP unter die Lupe genommen. Darunter waren zehn unabhängige Anbieter sowie die fünf größten Energieversorger in Deutschland. Die freien Anbieter wurden danach ausgesucht, wie häufig sie in den Medien waren und wie präsent sie in Vergleichsportalen sind.

"Ich war überrascht, wie restriktiv die Informationspolitik einiger Unternehmen ist", sagt Institutsleiter Professor Michael Olbrich. "Manche haben auf unsere Anfragen nach aktuellen Geschäftszahlen überhaupt nicht geantwortet oder haben sich geweigert, die jüngsten Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen herauszugeben." Eine Absage erteilten die Anbieter Care-Energy, EVD und Stromio. Bei Energy2Day, Goldgas und Goldpower warten die Autoren der Studie noch heute auf eine Antwort. Ältere Bilanzen, die im Bundesanzeiger zum Teil mit großer Verspätung veröffentlicht wurden - den Vogel schoss hier Care-Energy mit 242 Verspätungstagen ab - waren teilweise auch nicht von einem Wirtschaftsprüfer testiert. Dazu gehörten neben Care-Energy die Unternehmen Almado und Energy2Day. Vorbildlich waren in allen diesen Punkten die großen Energieversorger wie Eon oder RWE.

Abgefragt wurde auch die Liquidität ersten Grades bei den zehn unabhängigen Gesellschaften - bezogen auf 2011. Darunter versteht man den Kassenbestand im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr. Den geringsten finanziellen Speck hatten Energy2Day, Goldgas und Almado. Für Goldpower lag kein Jahresabschluss vor. Am besten schnitten hier die Stromanbieter Greenpeace Energy und Extra-Energie ab.

Bei der Eigenkapital-Quote (Eigenkapital im Verhältnis zum Gesamtkapital, Basisjahr wieder 2011) waren Energy2Day und Goldgas mit einer negativen Quote bereits unter der Wasserlinie. Am besten schnitt mit 65,4 Prozent Almado ab. Bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit (Gesamtleistung beziehungsweise Umsatzerlöse im Verhältnis zum Personalaufwand) war der Anbieter Stromio am besten. Im unteren Bereich rangierte bei dieser Kennzahl Greenpeace Energy (Daten aus 2011). Bei Almado und Care-Energy fehlte die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), bei Energy2Day der Personalaufwand. Zwei weitere Kriterien waren Kundenanzahl und Angebot an "grünem Strom". Im Bereich der unabhängigen Vermarkter gibt Olbrich den Unternehmen Extra-Energie und Naturstrom die besten Wirtschaftlichkeits-Noten. Von den fünf großen Energie-Anbietern landete die norddeutsche EWE AG (Oldenburg) ganz vorne. Am Ende der Skala liegen Care-Energy, Energy2Day und Goldpower.

Der Institutsleiter betont, "dass wir keine Empfehlung für den Stromkunden abgeben wollten". Aber die Studie "gibt dennoch eine sinnvolle Hilfestellung, wirtschaftlich nachhaltig arbeitende Stromanbieter zu identifizieren".

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