Schön kurz: Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtens

Leipzig · Bei der Haartracht gibt es in der Bundeswehr kein Gleichberechtigung. Ein männlicher Soldat ist mit dem Ansinnen gescheitert, seine 40 Zentimeter langen Haare beim Bund behalten zu dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass der so genannte Haar- und Barterlass, der das zulässige Aussehen der Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr regelt, rechtmäßig ist (Az.: 1 WRB 2.12.).
Der Antragsteller in dem Verfahren, das sich über Jahre hinzog, leistete ab Januar 2009 als Wehrpflichtiger seinen Grundwehrdienst. Er trug bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 Zentimeter lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst sicherte er die Haare zunächst mit mehreren Haargummis, so dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schulterblättern reichenden Pferdeschwanz ergaben; später trug er die Haare hochgebunden. Seine Disziplinarvorgesetzten befahlen ihm mehrfach, sich mit einer Frisur zum Dienst zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspricht. Dieser sieht für männliche Soldaten vor, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz gfrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.
Der Rekrut befolgte die Befehle nicht und erhob gegen zwei dieser Befehle Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung. Er sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt und verlangte Gleichbehandlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, bei Bedarf mit einem Haarnetz, gestattet sei. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppendienstgericht zurückgewiesen. Seine Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg.

Der dort zuständige 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass habe er dabei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Die Richter weiter: Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte seien unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt.

Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht seien deshalb durch das Regelungsziel eines - für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden - einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland gerechtfertigt. Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebensgestaltung stelle die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhältnismäßiges Mittel dar, zumal keine "Einheitsfrisur" verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden. Eine Ausnahme für Grundwehrdienstleistende (im Rahmen der bis zum 30. Juni 2011 geltenden allgemeinen Wehrpflicht) war nach Feststellung des Gerichts nicht geboten, weil diese wegen ihrer großen Zahl und ihrer Verteilung auf nahezu sämtliche Truppengattungen und Tätigkeitsbereiche das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägten.

Die Richter weiter: Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stelle eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar. Die Regelung stelle die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage. Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 Prozent habe sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung in der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt. red/wi

Anhang - Anhang - Anhang
Der Haar- und Barterlass (Anlage 1 zur Zentralen Dienstvorschrift 10/5) gemäß Bundesverwaltungsgericht:
"Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der
Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht
der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.
1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen
sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren,
Irokesenschnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).
2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen
nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht
berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren).
Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will,
muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann Ausnahmen genehmigen.
3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht
behindern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung,
Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Disziplinarvorgesetzte
bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.
4. Auch für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und
gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvorgesetzte das Tragen eines Haarnetzes
befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht.
Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für
bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, fliegendes Personal,
Soldatinnen und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal in Bundeswehrkrankenhäusern)
Sonderregelungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der
Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streitkräftebasis.
Die Befugnis kann delegiert werden"

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