Mehr Pferdestärken per Smartphone

Göppingen · Der schwäbischen Firma Racechip ist der technische Durchbruch beim digitalen Chiptuning gelungen. Ihre Kundschaft befindet sich in der Regel jenseits des vierten Lebensjahrzehnts und bevorzugt dezent gestaltete Serien-Karosserien statt eines aufgemotzten Blechkleids.

 Dirk Bongardt (links) und Dominic Ruopp sind mit ihrer Firma Racechip gut im Geschäft. Ihr Chip-Tuning hebt das Drehmoment an, vor allem im am häufigsten genutzten mittleren Drehzahlbereich. Das ermöglicht früheres Hochschalten und schaltärmeres Fahren. Der Verbrauch sinkt.

Dirk Bongardt (links) und Dominic Ruopp sind mit ihrer Firma Racechip gut im Geschäft. Ihr Chip-Tuning hebt das Drehmoment an, vor allem im am häufigsten genutzten mittleren Drehzahlbereich. Das ermöglicht früheres Hochschalten und schaltärmeres Fahren. Der Verbrauch sinkt.

 Das ist das Zusatzsteuergerät Ultimate, das Motoren Beine macht. Fotos: Jacobi

Das ist das Zusatzsteuergerät Ultimate, das Motoren Beine macht. Fotos: Jacobi

Am Rande der Schwäbischen Alb rauchen die Köpfe. Die international arbeitende Tuningschmiede Racechip hat sich auf Zusatzsteuergeräte spezialisiert, um aus Serienmotoren mehr Pferdestärken herauszukitzeln. Der geschäftsführende Entwicklungsleiter Dirk Bongardt trägt den passenden Pullover in der strahlenden Rennfarbe Orange und sprudelt vor Energie. "Wir sind im digitalen Zeitalter angekommen. Damit können wir nun auch das volle Leistungspotenzial eines Motors mit einer digitalen Signalübertragung durch Chiptuning über eine Zusatzsteuerbox herausholen."

Als Vorzeigeobjekt dient auch ein Audi S5 3.0 TFSI mit einer Serienleistung ab Werk von 333 PS/245 kW, dem man mit Hilfe des Racechips Ultimate mit ein paar Klicks im Motorraum weitere 70 Pferdestärken draufsatteln kann - ganz abgesehen vom Drehmoment, das von 440 auf 483 Newtonmeter ansteigt.

Mancher mag sich fragen, wofür dies gut sein soll. Dann gehört er mit Sicherheit nicht zur Gemeinde der Autobegeisterten, die dafür sorgen, dass Racechip jährlich rund 100 000 Zusatzsteuerboxen in alle Welt verschickt.

Geschäftsführer-Kollege und Marketingchef Dominic Ruopp sieht die Frage nach dem Sinn völlig gelassen. "Unsere Erfahrung zeigt, dass mehr Leistung, höheres Drehmoment und kraftvollere Beschleunigung viele leidenschaftliche Fahrer ansprechen." Verschmitzt fügt er hinzu: "Auch wenn es nicht der kaufentscheidende Grund unserer Zielgruppe ist, so geht die Leistungssteigerung sogar mit einem niedrigeren Verbrauch einher."

Über den Tuning-Chip wird in die Motorsteuerung eingegriffen: eingespritzte Kraftstoffmenge, Einspritzdruck, Einspritz- und Zündzeiten, Druck des Turboladers. So sind geringere Drehzahlen in höheren Gängen möglich, was bis zu einem Liter auf 100 Kilometer sparen soll - sofern das Gaspedal nicht ständig durchgedrückt wird. Die Racechip-Macher sind der Meinung, vorhandene Leistungsreserven solle man nicht brachliegen lassen.

Ruopp verweist auf die aktuelle Innovation, den Racechip Ultimate Connect. Der im Motorraum installierte Tuning-Chip kommuniziert via Bluetooth mit der Racechip-App auf einem Smartphone. Der Fahrer kann zwischen drei Leistungsstufen wählen: Efficiency, Sport und Race. In letzterem Betriebszustand stehen bis zu 30 Prozent Mehrleistung zur Verfügung. Ob damit eher der Spieltrieb oder das technische Perfektionsstreben der Kundschaft bedient wird, sei dahingestellt. Wer so etwas haben möchte, kann es ab 529 Euro bekommen.

Die Ingenieure, Kfz-Meister und Mechatroniker haben an alles gedacht, auch an die Aufwärm-Schaltuhr, die dafür sorgt, dass die Leistungssteigerung erst dann aktiv wird, wenn der Motor auf Betriebstemperatur ist. In ein anderes Programm zu wechseln, ist nur im Stand möglich. Aus Sicherheitsgründen schaltet das System während der Fahrt auf Sperrbetrieb.

Der Ultimate Connect ist derzeit das Sahnestück von Racechip. Es geht auch ein paar Stufen kleiner. "Unsere Kunden möchten die Mehrleistung zu einem attraktiven Preis."

Im Rahmen der Leistungsreserven lassen sich rund 3000 Fahrzeugtypen von gut 60 Herstellern aufpeppen. 20 Prozent mehr Leistung und Drehmoment stellt Racechip mit dem Modul One ab 129 Euro in Aussicht, Pro 2 lockt mit einer 25-prozentigen Steigerung, und das Ultimate für 479 Euro verspricht 30 Prozent mehr Leistung. Allen gemeinsam ist die mögliche Verbrauchsminderung bis zu einem Liter. Die Hard- und Software des Autoherstellers bleiben unberührt. Der Selbsteinbau geht in rund 15 Minuten über die Bühne, und das System kann jederzeit wieder entfernt werden.

"Unsere Kunden sind nicht die jungen Wilden", sagt Ruopp, "mehrheitlich haben sie das vierte Lebensjahrzehnt schon überschritten." Dem Vernehmen legen Racechip-Käufer in der Regel keinen Wert auf auffällige Fahrzeuge. Tieferlegung und ausladende Heckflügel sind nicht ihr Ding.

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