Fast wie ein Cowboy und sein Pferd

Wien · Motorradhersteller Harley-Davidson ist ein Mythos, den keiner kopieren kann. Daher prophezeit Vorstandsmitglied Matt Levatich der 111 Jahre alten US-Marke trotz zunehmender Konkurrenz eine rosige Zukunft.

 Harley-Davidson nimmt für sich in Anspruch, in Aussehen, Klang und Fahrgefühl einzigartig zu sein.

Harley-Davidson nimmt für sich in Anspruch, in Aussehen, Klang und Fahrgefühl einzigartig zu sein.

 Die Street 750 hat Harley neue Kunden gebracht. Foto: Schütze

Die Street 750 hat Harley neue Kunden gebracht. Foto: Schütze

Foto: Schütze
 Noch ist Harleys Elektromotorrad nicht serienreif. Fotos: Harley

Noch ist Harleys Elektromotorrad nicht serienreif. Fotos: Harley

"Fast wie ein Cowboy und sein Pferd." Matt Levatich, im Vorstand von Harley-Davidson zuständig fürs operative Geschäft, schmunzelt bei diesen Worten. Er versucht, das Einzigartige der US-amerikanischen Motorradmarke Harley-Davidson zu erklären. "Hinter dieser Verbindung zwischen Mensch und Maschine steckt pure Emotion." Diesen Mythos könne keine andere Marke kopieren.

Das begründet sich laut Levatich auch auf 111 Jahre Geschichte. Seit Harley-Davidson 1903 gegründet wurde, habe die Marke eine bewegte Zeit erlebt, voller Geschichten von Rebellion und Freiheit. Die Rebellion von Kriegsveteranen etwa, die nach 1945 und nach dem Vietnamkrieg auf einer Harley einen individuellen, ungebundenen Lebensstil demonstrierten. Oder die Freiheit, die sich die Stars der erfolgreichen TV-Serie "Sons of anarchy" herausnehmen, in der Maschinen von Harley-Davidson im wahrsten Sinne eine tragende Rolle spielen.

All diese Facetten der Geschichte von Harley-Davidson unterschieden die Marke von zurückgekehrten oder neuen Rivalen wie Indian und Victory. Und genau diese einzigartige Position rüste Harley für die Zukunft, so Matt Levatich. Die Zauberformel für eine echte Harley laute "Look, sound and feel" - Aussehen, Klang und Fahrgefühl.

Dies gelte auch für eine künftige Elektro-Harley, die in einigen Jahren aus dem aktuellen Projekt "LiveWire" hervorgehen könnte. Jahrelange Entwicklung steckt in dem Prototypen, der seit August 2014 rund 3000 Testfahrten in 30 Städten der USA entlang der legendären "Route 66" absolviert hat. Die Daten: 75 PS/55 kW, 85 Kilometer Reichweite, 148 km/h Spitze, von null auf 100 km/h in weniger als vier Sekunden. Dazu aus einem Soundgenerator zeitweise die Klangkulisse eines Kampfjets, die das fast lautlos dahin zischende Bike von anderen Zweirad-Stromern unterscheidet. "Ich will so eine!", hieß laut Matt Levatich fast immer das Urteil der LiveWire-Tester, oft Fahrer anderer Marken und viel jünger und großstädtischer als der typische Harley-Fahrer.

Aber erst, wenn das Elektro-Motorrad die hohen Ansprüche an eine Harley erfülle, sei ein Marktstart möglich. Bei aller Euphorie und Zuversicht, mit der ein Teil der knapp 600 Produktentwickler bei Harley-Davidson daran arbeitete, müsse zum Beispiel erst die Reichweite den gewünschten Wert von 160 Kilometern erreichen.

Um die derzeitigen Reichweite also fast zu verdoppeln, seien unter anderem neue Batterien mit höherer Energiedichte nötig. Matt Levatich ist entspannt: "Wenn das noch drei, vier oder fünf Jahre dauert, dann dauert es eben so lange." Aber eines könne er nach seiner eigenen Testfahrt jetzt schon versprechen: "Sie ist unglaublich agil, das Fahrerlebnis ist völlig neu und einzigartig."

Heute entwickelt Harley-Davidson neue Produkte schneller und flexibler als vor 2009. Damals sei im Zuge der Wirtschaftskrise der Umsatz vorübergehend um fast 40 Prozent eingebrochen. Matt Levatich: "Wir haben damals unsere Entwicklung verkürzt und die Kunden stärker einbezogen." Heute dauere es drei statt früher fünf Jahre, bis ein neues Motorrad auf den Markt komme. Aktuelle und potenzielle Kunden werden dabei intensiv befragt, um Wünsche exakt zu bedienen.

Der Modelljahrgang 2015 umfasst 34 Modelle. Alle profitieren von den neuen Entwicklungsmethoden auf vielfältige Weise. Dazu gehören im Windkanal optimierte Verkleidungen, das für kleine Piloten entwickelte Motorrad "Electra Glide Ultra Limited Low", der Tourer "Road Glide Special" im 80er-Look sowie die teil-wassergekühlten und kräftigeren Motoren namens "Twin-Cooled High Output Twin Cam 103". Auch die angeblich klassenbesten Bremsen der Softail-Baureihe gehen darauf zurück. All das entspricht weitgehend den im Umfragen ermittelten Wünschen.

Unter den aktuellen Produkten verdeutlicht die neue Einstiegs-Maschine"Street 750" am besten, wie Harley-Davidson neue Zielgruppen und Märkte anspricht. Die kleinvolumige, wassergekühlte Maschine soll unter anderem in Indien punkten, wo sie für Asien und Europa gebaut wird. Im US-Werk Kansas entsteht die schlanke 57-PS-Harley für den heimischen Markt, der immer noch 65 Prozent des Gesamtvolumens ausmacht. Dort hat die Street 750 bereits viele neue Kunden erobert, laut Matt Levatich zu zwei Dritteln sogar von anderen Marken. "Auf diese 18- bis 34-jährigen Frauen und Männer hatten wir bisher kaum Zugriff."

Auch neue und künftige Modelle schöpften ihren Reiz aus moderner Technik, gepaart mit dem alten Mythos Harley-Davidson. Matt Levatich schaut zuversichtlich in die Zukunft: "In den nächsten Jahren werden wir für immer neue Typen von Motorradfahrern immer interessanter werden - aber stets aus denselben Gründen."

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