Radsport-EM in Glasgow Eine Saarländerin im Fokus der Konkurrenz

Völklingen · Radprofi Lisa Klein aus Lauterbach startet am Sonntag bei der EM in Glasgow. Inzwischen ist sie die Nummer 32 der Weltrangliste.

 Bei den deutschen Straßenmeisterschaften vor einem Jahr in Chemnitz düpierte die Saarländerin Lisa Klein (rechts) die versammelte Elite und freute sich hinterher zurecht riesig.

Bei den deutschen Straßenmeisterschaften vor einem Jahr in Chemnitz düpierte die Saarländerin Lisa Klein (rechts) die versammelte Elite und freute sich hinterher zurecht riesig.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Es hat was von Leben aus dem Koffer. Radprofi Lisa Klein aus Völklingen-Lauterbach war in den vergangenen Wochen permanent auf Achse. Erfolgreich, versteht sich. Denn die 22-Jährige, die seit dieser Saison für das renommierte Canyon-SRAM-Team fährt, ist trotz ihres noch jungen Alters auf dem besten Weg, sich international in Szene zu setzen, sich in der Weltspitze zu etablieren.

In der deutschen Szene kennt man sie längst – spätestens seit den deutschen Straßenmeisterschaften 2017, als sie die versammelte Elite düpierte und sich den Meistertitel bei den Erwachsenen sicherte. Das Gefühl, auf dem Treppchen zu stehen, mit Medaillen ausgezeichnet zu werden – Lisa Klein kennt es gut. Und durfte es jüngst wieder mehrfach erleben.

Zwar ging sie in diesem Jahr bei der DM im Straßenrennen in Einhausen leer aus, bewies aber ihre Klasse im Zeitfahren, wurde Dritte. Keine zwei Wochen später, Mitte Juli, gewann sie die Silbermedaille im Zeitfahren bei der U23-EM im tschechischen Brünn. „Das war schon ganz ordentlich“, sagt Klein – vor allem vor dem Hintergrund ihres schweren Sturzes im Mai bei einer Trainingsfahrt in Erfurt und des Schlüsselbeinbruchs, den sie sich dabei zugezogen hatte. „Das hat mich zurückgeworfen“, erzählt Klein: „Ich hatte sogar fünf Wochen Radfahr-Verbot. Aber die Schulter ist wieder richtig gut geworden.“

Von Brünn ging es zur Be-Ne-Ladies-Tour, einer viertägigen Rundfahrt, die vom niederländischen Oosterhout ins belgische Zelzate führt. 123 Fahrerinnen, ein Prolog und vier Etappen über insgesamt 361 Kilometer. Dass am Ende der Tour Marianne Vos als Siegerin geehrt wurde, war keine Überraschung – schließlich ist die Niederländerin zwölffache Weltmeisterin und zweifache Olympiasiegerin. Eine der ganz Großen ihrer Zunft. Doch direkt dahinter, auf Platz zwei, sortierte sich Klein ein.

„Das war schon toll. Die Tour war recht gut besetzt, und mein Team hat mich hervorragend unterstützt“, erinnert sich Klein, die mittlerweile spürt, dass sie aufgrund ihrer Erfolge von der Konkurrenz anders wahrgenommen wird als vor anderthalb Jahren. „Mir macht jetzt keine mehr Platz“, sagt Klein und lacht: „Einfach mal so aus dem Feld rausfahren, das ist jetzt nicht mehr.“ Zeichen des gestiegenen Respekts, den die anderen Fahrerinnen vor ihr haben.

Der Erfolg bei der Be-Ne-Ladies-Tour spülte Klein in der Weltrangliste des Radsport-Weltverbandes UCI sogar bis auf Platz 32 vor. Tendenz stark steigend. Und jetzt geht es nach Glasgow. Dort beginnen am kommenden Sonntag die Straßenwettbewerbe der Radsportler mit dem Straßenrennen der Frauen. Auf dem 14 Kilometer langen Stadtkurs rechnet Bundestrainer André Korff mit einem guten Abschneiden seiner Mannschaft – und setzt dabei voll auf Klein und Lisa Brennauer.

„Es ist ein welliger, aber relativ flacher Kurs mit vielen Kurven. Wir werden versuchen, jede Gruppe zu besetzen und wollen im Finale um die Medaillen mitsprinten“, sagt Korff. Dabei setzt er vor allem auf die Endschnelligkeit der beiden Lisas. Welche der beiden im Rennen die Nummer eins sein wird, entscheidet sich erst kurzfristig. Titelverteidigerin bei der EM ist übrigens – Marianne Vos.

Lisa Klein ist ehrgeizig und selbstbewusst genug, um zu wissen, dass sie in Glasgow je nach Rennverlauf vorne mitmischen kann. Ein konkretes Ziel lässt sie sich nicht entlocken. Aber der Satz „Ich habe für die Straße extra auf die Bahn verzichtet“ unterstreicht, dass sie nicht als Touristin nach Schottland fährt. Meisterschaftsrennen sind nicht mit Rundfahrten wie etwa der Be-Ne-Ladies-Tour zu vergleichen, wo Klein einige Helferinnen hatte.

Bei der EM wird ihr aber auf jeden Fall eine zur Seite stehen: Trixi Worrack. Die 36-Jährige aus Cottbus gehört zu den erfolgreichsten deutschen Radsportlerinnen überhaupt, wurde fünf Mal Weltmeisterin im Mannschaftszeitfahren, nahm an vier Olympischen Spielen teil. Worrack fährt ebenfalls für Kleins Team Canyon-SRAM. „Und sie hilft mir ungemein“, sagt Klein: „Ich kann verdammt viel von ihr lernen, ich profitiere so viel von ihrer jahrelangen Erfahrung. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.“

Bei der WM 2005 etwa stellte sich Worrack in den Dienst von Regina Schleicher, zog ihr damals den Sprint an – und Schleicher wurde Weltmeisterin. Wenn es in Glasgow ein ähnliches Szenario gibt – dann könnte Klein in ihrem Koffer auf der Rückreise vielleicht sogar etwas Handfestes mitbringen.

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