Fußball Der Amateur-Fußball soll live übertragen werden

Saarbrücken · DFB will die Basis stärken, der SFV ist skeptisch. Die Oberligisten reagieren positiv auf das neue Internet-Angebot.

 Einige Fans wird diese Nachricht freuen.

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Foto: Andreas Schlichter

Was wäre der Profifußball ohne das Fernsehen? Jährlich fließen Unsummen für Übertragungsrechte in die Bundesliga. Dafür bestimmen die TV-Sender zunehmend den Spielplan. Den Preis bezahlen die Amateure. Ihre „Live-Spiele“ wollen immer weniger Menschen sehen. Weil im Fernsehen gleichzeitig die Stars am Ball sind.

Das soll sich nun ändern. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will Feuer mit Feuer bekämpfen. Er verspricht den Amateuren eine Medienpräsenz „wie bei den Profis“. In dieser Woche kündigte der Verband an, mit Hilfe der Firma Sporttotal.tv auch die unteren Spielklassen „in hoher Qualität und vollautomatisch live“ auf den Bildschirm zu zaubern – über ein Online-Portal. In einer Pressemitteilung heißt es, die „Sichtbarkeit des Amateurfußballs“ solle erhöht werden. Zunächst dürfte die Regionalliga im Fokus stehen.

Für diese Spielklasse interessiert sich verstärkt der Sender Sport1. Der Saarländische Rundfunk zeigt im Internet regelmäßig Partien der SV Elversberg oder des 1. FC Saarbrücken, in der Spitze mit fünfstelligen Nutzerzahlen („Unique User“).

Das Fernziel von DFB und Sporttotal.tv: Übertragungen bis hinab in die Kreisliga. Franz Josef Schumann begegnet diesen Plänen mit Skepsis. Der Präsident des Saarländischen Fußball-Verbandes (SFV) befürchtet Spiele in Abwesenheit der Zuschauer. „Dann geht ein Stück Kultur verloren“, warnt Schumann. Und er fragt: „Welcher Vereinsfunktionär hat noch Lust, ein Spiel zu organisieren, wenn keiner mehr kommt?“

Auf dem SFV-Verbandstag im Juni informierte Schumann die Basis kurz über das neue Großprojekt. Sein Eindruck: Die Mehrheit war dagegen. Allerdings kannte zu diesem Zeitpunkt niemand Details. Bei der Oberliga-Tagung in Edenkoben warb vorgestern ein Mitarbeiter von Sporttotal.tv um die Clubs der fünften Liga. Die Firma will investieren, auf den Plätzen automatische 180-Grad-Kameras installieren. Sporttotal.tv präsentierte sich als „Video-Heimat“ der Amateure – nicht in erster Linie als Plattform für Live-Übertragungen. Die Oberligisten reagierten positiv.

Fest steht: Amateurspiele aus dem Saarland werden so schnell nicht im Netz zu sehen sein. Obwohl der DFB das Projekt mit Tempo vorantreibt. Dem SFV liegen zwei fertige Verträge vor, etwa 50 Seiten stark. Doch in Saarbrücken wollen sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Die Übertragungsrechte hält der Verband. Daran wurden per Rundschreiben auch die Clubs erinnert. Schumann wartet nun ab. Er sagt: „Wenn die Vereine es wollen, habe ich nichts dagegen.“

Fragt sich: Sind die Bedenken der Amateurfußballer begründet? In anderen Sportarten sind frei zugängliche Livestreams längst Alltag. Der Deutsche Olympische Sportbund lancierte 2014 einen eigenen Online-Kanal. Weil etliche Disziplinen im normalen TV nicht mehr vorkommen. Sportdeutschland.tv nennt sich das Gegenprogramm zur Omnipräsenz des Fußballs.

Das heißt: Wer sich die Basketballerinnen der Saarlouis Royals oder den 1. FC Saarbrücken in der Tischtennis-Bundesliga anschauen möchte, muss nicht mehr in die Halle. Verliert der Spitzensport im Saarland dadurch sein Publikum? Oder gewinnt er die Aufmerksamkeit potenzieller Zuschauer? „Wir vor Ort bemerken nichts“, sagt FCS-Sprecher Nicolas Barrois über mögliche Effekte. Grundsätzlich findet er: „Natürlich ist es positiv, wenn unser Sport übertragen wird.“

Ähnlich sieht das Sascha Schmidt, der Manager der Royals. Er glaubt nicht, dass die Fans seiner Mannschaft daheim bleiben. Er meint: „Jedes Spiel hat auch Eventcharakter.“ Die Stimmung in der Halle lasse sich nicht übertragen. Auch im Amateurfußball kennt Schmidt sich aus. In der Nachbarschaft der Royals spielt der FV Diefflen in der Oberliga. Die Anhänger dort seien „positiv bekloppt“. Schmidt sagt: „Ich glaube nicht, dass einer von denen zu Hause bleiben würde.“

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