Emsländer starten in die 3. Liga Der Kultverein Meppen ist wieder zurück

Meppen · Nach 19 Jahren im Amateurfußball ist der SV Meppen zurück im Profi-Geschäft. Einer, der den Club in den 90er-Jahren in der 2. Liga hielt, war der Saarländer Horst Ehrmantraut.

(sid) Es kracht und knirscht an der Kultstätte des SV Meppen. Fleißige Arbeiter hämmern, bohren und nageln den Mief der 1980er Jahre weg – die Hänsch-Arena, zu längst verblassten Zweitliga-Zeiten das gefürchtete Emslandstadion, soll pünktlich zur großen Rückkehr in den Profi-Fußball in frischem Glanz erstrahlen. Die einst so gefürchteten „Emsland-Gallier“ sind mit dem Drittliga-Start endgültig in der modernen Fußball-Welt angekommen. Nach 19 Jahren in der Bedeutungslosigkeit fiebert eine ganze Region dem Auftakt gegen die Würzburger Kickers an diesem Samstag (14 Uhr/NDR und Telekom) entgegen. Und der SVM fühlt sich in seiner Rolle schon wieder pudelwohl. „Dass wir in der starken Liga nur Außenseiter sind, ist klar“, sagte Trainer Christian Neidhart: „Wir wollen am Ende über dem Strich stehen.“

Außenseiter? Da war doch was! Von 1987 bis 1998 ärgerte der Provinz-Club unter anderem mit Trainer-Unikat Horst Ehrmantraut und Spielern wie Rainer Rauffmann und Marko Myyry die Großen der 2. Fußball-Bundesliga voller Hingabe. Und mit beeindruckendem Erfolg.

Ehrmantraut begann 1991 im Emsland. Vorher war er Trainer bei Blau-Weiß 90 Berlin, insgesamt acht Jahre lang lebte der Mann aus dem beschaulichen Einöd in der Hauptstadt. Ein bisschen Kulturschock war das 35 000-Einwohner-Städtchen schon, gestand der frühere Homburger Profi vor Jahren in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er habe dort Vertrauen und Menschlichkeit gespürt, auch bei den Verantwortlichen, erinnerte sich der heute 61-Jährige: „Das brauche ich unbedingt, ich bin ja kein einfacher Trainer. Ich habe Ecken und Kanten.“

Nach seinem Vorgänger Rainer Persike brachte Ehrmantraut als junger Trainer den Verein in Sachen Professionalisierung auf ein neues Niveau. Dazu gehörte aber auch ein deutliches Maß an Autorität: „Ich wollte neue Reize setzen.“ Aus jedem Spieler wollte er das Optimum, die letzten zu den 100 Prozent fehlenden Punkte herausholen. Da der ewige Außenseiter finanziell mit der Konkurrenz nicht mithalten konnte, tat das auch Not.

Und in der Saison 1994/1995 war Meppen tatsächlich mal Tabellenführer. Mit dem Aufstieg klappte es aber doch nicht. 1996 ging es gegen den Abstieg, Ehrmantraut wurde als Trainer von Paul Linz abgelöst. „Fünf Jahre sind im Profifußball eine lange Zeit – da schleifen sich Dinge ab“, sagte der Saarländer. Ihn zog es später zu Eintracht Frankfurt und zum 1. FC Saarbrücken, wo er ebenfalls Kultstatus genoss. Seit 2005 ist er trotz Angeboten ohne Engagement.

1998 stand der Abstieg fest. Der Verein rutschte in die Oberliga, hatte Verbindlichkeiten, wurde Fünftligist. Endgültig zurück in die Schlagzeilen schafften es die Emsländer Ende Mai. Als der Aufstieg durch die Zitterpartie in der Relegation gegen den SV Waldhof Mannheim geschafft war, meldete sich schnell die Fußball-Prominenz. Etwa Toni Schumacher, der direkt gratulierte.

Bevor der SV Meppen 1998 in der Bedeutungslosigkeit verschwand, galt der Club aus dem Emsland als das Sinnbild für die Fußball-Provinz. Stets unbequem für den Gegner, immer erfindungsreich auf und abseits des Rasens. Viele Punkte fuhren die Meppener dabei vor eigenem Publikum ein – das soll auch im Jahr 2017 wieder der Fall sein. „Unsere Heimstärke war in der letzten Saison unsere Grundlage für den Aufstieg“, sagte Trainer Neidhart.

Im Sommer 2017 ist Meppen zurück – und moderner als je zuvor. Am Stadion werden Glasfaserleitungen verlegt, die alten Holzbänke werden durch Sitzschalen ersetzt, eine nagelneue Videoüberwachung wird installiert. Selbst einen Social-Media-Manager hat der Club - inzwischen schuldenfrei – neuerdings. 1000 Dauerkarten wurden bereits abgesetzt, mehr als 4500 Anhänger könnten regelmäßig zu den Heimspielen pilgern. „Das zeigt uns, wie groß der Vorschuss der Fans ist“, sagte Geschäftsführer Ronald Maul.

Der zweimalige Nationalspieler und langjährige Bundesliga-Profi stieß nach dem Aufstieg zum Führungsteam und trägt den soliden Finanzkurs mit. Und vielleicht schaffen die Emsländer mit Kontinuität und Mannschaftsgeist wieder gegen alle Erwartungen den Klassenverbleib. Denn ein Geheimnis für den Erfolg war schon bei Ehrmantraut so: „Man hat mich so arbeiten lassen, wie ich wollte.“

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