Regierung will mehr Mehrweg

Berlin. Mit einer klareren Kennzeichnungspflicht für Mehrweg- und Einwegverpackungen reagiert Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf Forderungen von Umweltverbänden und Getränkehandel. Die beklagen die Welle von Wegwerf-Plastikflaschen aus Billigsupermärkten. Die neue Regelung könnte nach Auskunft des Ministeriums in den nächsten Wochen erlassen werden

Berlin. Mit einer klareren Kennzeichnungspflicht für Mehrweg- und Einwegverpackungen reagiert Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf Forderungen von Umweltverbänden und Getränkehandel. Die beklagen die Welle von Wegwerf-Plastikflaschen aus Billigsupermärkten. Die neue Regelung könnte nach Auskunft des Ministeriums in den nächsten Wochen erlassen werden. Vor allem bei Mineralwasser und Erfrischungsgetränken ist der Plastikmüll auf dem Vormarsch. Hier wird nur eine Mehrwegquote von 35 Prozent erreicht, teilte die Deutsche Umwelthilfe gestern mit. Weit entfernt von den 80 Prozent, die für den Getränkemarkt insgesamt laut Verpackungsverordnung angestrebt sind. Beim Bier hingegen beträgt die Mehrweg-Quote 85 bis 90 Prozent. Die Billiganbieter nutzen, so der Vorwurf, das Unwissen vieler Verbraucher, die denken, eine Pfandflasche werde auch wieder aufgefüllt. Dass sie stattdessen im Schredder landet, sei unbekannt. Auf einer Pressekonferenz der "Initiative Mehrweg" gestern in Berlin präsentierte der Geschäftsführer des Verbandes der Privatbrauereien, Roland Demleitner, eine Flasche, deren Aufdruck sowohl die (falsche) Angabe "Mehrweg-Pfandflasche" enthielt, als auch den Begriff "pet-cycle" für den Wegwerfcharakter und auch noch das Pfandzeichen für Einwegflaschen. "So werden die Kunden völlig verwirrt", sagte Demleitner. Mit diesem Bezeichnungschaos solle Schluss sein, hieß es im Umweltministerium. Es werde eine Kennzeichnungspflicht geben, aus der eindeutig hervorgehe, ob es sich um ein Einweg- oder ein Mehrwegprodukt handele. Die "Initiative Mehrweg" hofft auf die ökologische Einsicht der Verbraucher, dann Einwegprodukte nicht mehr zu kaufen. Sie startete gestern eine bundesweite Kampagne, an der sich Einzel- wie Großhändler beteiligen wollen, und in der auf die ökologischen Nachteile der Einwegflaschen hingewiesen wird. Würden die jährlich in Deutschland konsumierten 21 Milliarden Liter alkoholfreie Getränke vollständig in Mehrwegflaschen abgefüllt, sparte das 1,25 Millionen Tonnen Kohlendioxid, rechnete der Geschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, vor. Glasflaschen würden bis zu 50 Mal wiederbefüllt, Mehrweg-Plastikflaschen bis zu 25 Mal. Langfristig wollen die Mehrweg-Anhänger der Einweg-Plastikflasche durch eine "Lenkungsabgabe" von 20 Cent den Garaus machen, also durch einen Zwangsaufschlag auf den Preis. Dann seien Mehrwegflaschen mit den Billigangeboten voll konkurrenzfähig. Doch das wäre laut Umweltministerium europarechtlich äußerst schwierig durchzusetzen. Auch würde es in dieser Legislaturperiode ganz sicher nicht mehr gelingen, hieß es auf Anfrage. Gleiches gelte für ein mögliches Verbot von Einwegflaschen. Meinung

Aktionismus hilft auch nicht

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia Ein Streit mit merkwürdigen Auswirkungen. 20 Cent Aufpreis auf Einweg-Plastikflaschen fordern die Anhänger von Mehrweglösungen, um Einwegflaschen den Garaus zu machen. Purer Aktionismus. Das wird am Ende so nicht kommen. Eine Kennzeichnungspflicht auf den Flaschen wird ebenfalls wenig bringen. Offene Kunden-Information ist hilfreicher. So sollte es zum Beispiel Plakat-Informationen in Supermärkten geben, auf denen man anschaulich und sachlich erfährt, welche Getränkeflaschen eher die Umwelt schonen.

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