Wasser aus Einwegflaschen lässt die Quote verdorren

Berlin. Das Knacken von zermalmten Plastikflaschen im Rückgabeautomaten gehört fast schon zur Begleitmusik beim Einkaufen. Doch seitdem die Discounter das Geschäft gerade mit Wasser in der Plastikflasche Stück für Stück ausgeweitet haben, hat die Politik ein Problem. Denn die Mehrwegquote ist seit 2004 deutlich zurückgegangen: von damals 70 auf nur noch rund 50 Prozent heute

Berlin. Das Knacken von zermalmten Plastikflaschen im Rückgabeautomaten gehört fast schon zur Begleitmusik beim Einkaufen. Doch seitdem die Discounter das Geschäft gerade mit Wasser in der Plastikflasche Stück für Stück ausgeweitet haben, hat die Politik ein Problem. Denn die Mehrwegquote ist seit 2004 deutlich zurückgegangen: von damals 70 auf nur noch rund 50 Prozent heute.

Das findet nicht jeder schlecht: Läden verdienen ganz gut am Einweg. Nicht nur, dass die mit 25 Cent Pfand belegten Flaschen oft im Müll landen. Die Wertstoffe der zurückkommenden Flaschen sind bares Geld: zwischen 400 und 500 Euro gibt es pro Tonne. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will die Einwegzunahme eindämmen. Das Kabinett hat gestern eine bessere Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg beschlossen. Denn viele Verbraucher denken, sobald sie Pfand bezahlen, handele es sich um Mehrwegflaschen. Zehn Jahre nach Inkrafttreten des umkämpften rot-grünen Dosenpfandes zeigt sich also ein ambivalentes Bild. Bierdosen sind aus dem Straßenbild praktisch verschwunden. Besonders in Getränkemärkten dominiert das Mehrwegsystem. Die Flaschen können bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden - so wird viel Energie gespart und die Umwelt geschont. Doch weil immer mehr Menschen ihren Getränkekauf im Discounter miterledigen, ist die Mehrwegquote niedriger als vor dem Start des Dosenpfands.

Die Discounter sparen sich durch das Einweg eine teure Rücknahme- und Wiederbefüllungslogistik, die Flaschen enden im Rückgabeautomaten und werden dem Recycling zugeführt. Das ist nicht per se schlecht - Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes, betont aber: "Mehrweg trägt nachweislich zur Abfallvermeidung bei."

Mit der Neuregelung kann Altmaier auch einen Haken an einen Unterpunkt aus seinem Zehn-Punkte-Programm machen, das er bis zur Bundestagswahl noch umsetzen will. Nach dem Votum von Bundestag und Bundesrat - und einer neunmonatigen Übergangsfrist - müssen ab 2014 an den Regalen gut sichtbare Schilder mit "Mehrweg" oder "Einweg" angebracht werden. Sie sollen die Verbraucher besser informieren, was sie da für Flaschen oder Getränkeverpackungen kaufen. Gestalt und Schriftgröße müssen der Auszeichnung des Endpreises entsprechen.

Den Handel kostet dies nach Schätzungen des Umweltministeriums einmalig 5,6 Millionen Euro und jährlich 700 000 Euro zusätzlich. Insgesamt sind 125 000 Unternehmen von der Kennzeichnungspflicht betroffen. Kioske und kleinere Läden sind von dem Etikettierungszwang ausgenommen. Doch warum wird nicht gleich auf die Flasche gedruckt, ob es sich um Wegwerfware oder um eine Mehrwegflasche handelt?

Offiziell verweist das Bundesumweltministerium im Entwurf für die "Verordnung über die Hinweispflichten des Handels beim Vertrieb bepfandeter Getränkeverpackungen" auf eine EU-Vorgabe. Demnach würde dies den freien Warenverkehr behindern, etwa weil ein Niederländer mit einem deutschen Mehrweg- oder Einweg-Aufdruck auf der Flasche nichts anfangen könnte. Jürgen Resch, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe hält das Argument für vorgeschoben. "Es gab vor allem Widerstand aus dem Bundeswirtschaftsministerium", sagt er. Der Handel könnte sonst womöglich weniger Einwegflaschen umsetzen. Dabei sei Mehrweg zielführender für den Umweltschutz. "Zwar kriegen Sie bei einer Einwegflasche 97 Prozent des Stoffes beim Recycling zurück, aber unter hohem Einsatz chemischer Stoffe und von Energie", sagt Resch. Notwendig sei es, Flaschen und Verpackungen selbst zu kennzeichnen. "Der Verbraucher darf nicht weiter in die Irre geführt werden." Resch setzt darauf, dass Bundestag und Bundesrat die Verordnung entsprechend nachbessern. Und er fordert, dass auch bei den Einkaufstüten gegengesteuert werden müsse. Die Umwelthilfe fordert eine Abgabe von 22 Cent pro Tüte. Denn in Deutschland würden pro Kopf und Jahr 65 Plastiktüten verbraucht.

 Mehr Einwegflaschen bedeuten mehr Plastikmüll. Foto: dpa

Mehr Einwegflaschen bedeuten mehr Plastikmüll. Foto: dpa

Foto: dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort