Praktiker tiefer in der Verlustzone

Kirkel/Hamburg · Der noch immer in Kirkel beheimatete Baumarkt-Konzern Praktiker hat nach einem verlustreichen ersten Quartal weiter an Kapital-Substanz eingebüßt. Die Hoffnungen liegen jetzt auf dem umsatzstarken Frühjahr.

Die Baumarktkette Praktiker schreibt weiter tiefrote Zahlen und muss sinkende Erlöse verkraften. Der Umsatz im ersten Quartal sank gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum um 10,4 Prozent auf 570,1 Millionen Euro, wie der Konzern gestern bekannt gab. An Verlusten wurden 117,9 Millionen Euro angehäuft, 63,8 Prozent mehr als in den ersten drei Monaten des Jahres 2012. "Das schneereiche und viel zu kalte erste Quartal hat im Praktiker-Geschäftsverlauf tiefe Bremsspuren hinterlassen und den Aufwärtstrend der Vormonate unterbrochen", erklärte der Vorstandsvorsitzende Armin Burger in Hamburg den Geschäftsverlauf. "Das erste Quartal war grauslich." Die Nettoverschuldung hat um 28,9 Prozent auf 535 Millionen Euro zugenommen und das Eigenkapital ist weiter zurückgegangen. Es lag am 31. März bei 6,8 Millionen Euro. Ende vergangenen Jahres standen noch 134,8 Millionen Euro in den Büchern. An Finanzmitteln stehen dem Konzern 71,2 Millionen Euro zur Verfügung - nach 80,1 Millionen Euro ein Jahr zuvor. "Die Lage unseres Konzerns ist nach wie vor ernst", sagt Burger.

Einen Teil der Umsatzeinbußen könne Praktiker im zweiten Quartal wieder aufholen. Zudem koste auch die Umflaggung von Praktiker-Märkten auf die zweite Konzernmarke Max Bahr Umsatz und Gewinn.

Dennoch sieht sich Burger auf dem richtigen Weg: "Wir haben die notwendige Entschlusskraft, die Mittel und das strategische Rüstzeug, um die Praktiker AG wieder zu einem vitalen, zukunftsfähigen und profitablen Unternehmen zu machen", sagte er. Im zweiten Halbjahr 2014 soll operativ - also beim Betriebsergebnis ohne Steuern, Zinsen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände (Ebita) - die Gewinnschwelle erreicht sein.

Die Aktionärsvertreter werten die Quartalszahlen unterschiedlich. Der Saarbrücker Kleinaktionär Manfred Klein bezeichnete sie als "Katastrophe". Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) meint hingegen, dass die Zahlen "meinen Erwartungen entsprechen". Die Restrukturierung des Konzerns könne funktionieren. Die meisten Aktionäre sehen das wohl ähnlich. Zum Abend war gestern der Praktiker-Kurs um fast elf Prozent nach oben geschnellt. Auch die 250 Millionen Euro schwere Praktiker-Unternehmensanleihe verbesserte gestern ihren Wert von 52 auf 57 Euro.

Manfred Klein will auf der Praktiker-Hauptversammlung am 29. Mai nicht mit Kritik sparen. Am meisten wurmt ihn, "dass auf der Arbeitnehmer-Bank im Aufsichtsrat weiter die gleichen Vertreter sitzen, die am Niedergang des Unternehmens beteiligt waren". Die Anteilseigner hätten hingegen fast alle früheren Aufsichtsräte ausgetauscht. Auf der Hauptversammlung des vergangenen Jahres in Hamburg war dem Kontrollgremium die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011 verweigert worden.

Rüdiger Wolff, Sekretär der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi und stellvertretender Vorsitzender des Praktiker-Aufsichtsrats, wehrt sich gegen den Vorwurf. "Wir sind den Arbeitnehmern verpflichtet und nicht der Kapitalseite." Die Belegschaft habe ihn und seinen Kollegen Jörg Wiedemuth wieder für den nächsten Aufsichtsrat nominiert. "Ohne unsere Mandate wäre es für die Arbeitnehmer bei der Sanierung noch schlimmer gekommen", sagen sie. Im ersten Quartal beschäftigte der Konzern 17 820 Mitarbeiter, das sind 3,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. In der früheren Praktiker-Konzernzentrale in Kirkel arbeiten noch etwa 250 Frauen und Männer. Der Sitz der Gesellschaft ist außerdem noch dort.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort