Jetzt ist auch Pötsch an der Reihe

Wolfsburg/Braunschweig · Jetzt nehmen sich die Staatsanwälte im Abgasskandal auch VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch vor: Der frühere Finanzchef steht im Verdacht der Marktmanipulation. Er ist damit der dritte Beschuldigte.

 Der Staatsanwalt ermittelt jetzt gegen VW-Aufsichtsrat-Chef Hans Dieter Pötsch (r.). Gegen den früherer VW-Chef Martin Winterkorn (l.) läuft bereits ein Verfahren. Foto: kappeler/dpa

Der Staatsanwalt ermittelt jetzt gegen VW-Aufsichtsrat-Chef Hans Dieter Pötsch (r.). Gegen den früherer VW-Chef Martin Winterkorn (l.) läuft bereits ein Verfahren. Foto: kappeler/dpa

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VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ist wegen des Verdachts auf Marktmanipulation im Abgasskandal ins Visier der Ermittler geraten. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt neben zwei weiteren Beschuldigten nun auch gegen Pötsch, wie Volkswagen gestern mitteilte. VW sei aber weiter der Auffassung, dass der Vorstand den Kapitalmarkt ordnungsgemäß informiert habe. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig wollte sich nicht dazu äußern.

Bereits gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess läuft ein Ermittlungsverfahren . Gegen die Manager liegt ein Anfangsverdacht vor, die Finanzwelt zu spät über den aufgeflogenen Abgas-Skandal informiert und so wichtige Informationen für Anleger unterdrückt zu haben. Die VW-Aktie hatte nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe im vergangenen Jahr massiv an Wert verloren.

Bei Pötsch beziehe sich das Ermittlungsverfahren auf die Zeit, als er Finanzvorstand des Konzerns war, wie VW mitteilte. Pötsch und der Konzern wollten die Ermittler "in vollem Umfang unterstützen".

Auslöser des Ermittlungsverfahrens ist eine Strafanzeige der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Sie wacht über die Pflicht von börsennotierten Unternehmen, die Finanzwelt rechtzeitig über wichtige Themen zu informieren. Warum erst jetzt gegen Pötsch ermittelt wird, war gestern zunächst unklar. Als damaliger Finanzchef war er maßgeblich für die Kommunikation mit den Anlegern zuständig. Aktionärsvertreter begrüßten die Ermittlungen. "Pötsch war Finanzvorstand , als der Skandal bekannt wurde", sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, dem Berliner "Tagesspiegel". "Es ist erstaunlich, dass die Staatsanwaltschaft nicht schon viel früher Ermittlungen eingeleitet hat".

Die VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch stärken Pötsch allerdings den Rücken. "Die Familien Porsche und Piëch stehen uneingeschränkt hinter Herrn Pötsch", ließ VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche mitteilen. Er wies die Vorwürfe zurück: "Wir teilen weiterhin die Rechtsauffassung von Volkswagen, dass alle kapitalmarktrechtlichen Kommunikationspflichten im Zusammenhang mit der Dieselthematik eingehalten worden sind."

Der Kurs der VW-Aktie war nach Bekanntwerden der Vorwürfe aus den USA um mehr als die Hälfte eingebrochen. Inzwischen hat sich der Wert wieder etwas erholt, liegt aber noch immer deutlich unter dem Niveau vor dem Abgasskandal. Zahlreiche Anleger verlangen vor Gericht einen Ausgleich für die Verluste, die sie im Zuge der Affäre erlitten haben. Auch mehrere Bundesländer klagen in diesem Zusammenhang gegen VW . Zuletzt lagen am Landgericht Braunschweig 1400 Klagen von Aktionären vor. Sie fordern etwa 8,2 Milliarden Euro. Die VW-Tochter Audi soll stärker in den Abgasskandal verstrickt sein als bislang bekannt. Wie die "Bild am Sonntag" berichtet, hat die kalifornische Umweltbehörde Carb im Sommer dieses Jahres eine weitere illegale Softwarefunktion bei einem Audi mit V6-Motor entdeckt. Diese habe Audi auch für die Manipulation von CO{-2}-Werten für Diesel und Benziner in Europa verwendet, schreibt die Zeitung.

Dem Bericht zufolge konnten bestimmte Audi-Modelle mittels einer sogenannten Lenkwinkel-Erkennung unterscheiden, ob sie auf einem Rollenprüfstand sind oder auf der Straße fahren. Wird das Lenkrad nach dem Start nicht bewegt, aktiviert sich in Automatik-Getrieben ein Schaltprogramm, mit dem besonders wenig CO{-2} ausgestoßen wird. Dreht der Fahrer das Lenkrad dagegen, deaktiviert sich diese "Aufwärmstrategie". Das Fahrzeug läuft daraufhin mit einem anderen Schaltprogramm, das mehr Kraftstoff verbraucht und CO{-2} ausstößt.

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