Oettinger: Europa muss 500 Milliarden in IT-Technik investieren

Saarbrücken · Europa braucht eine gemeinsame Forschungsplattform, um Ideen, die in der IT-Wirtschaft geboren werden, schneller zu Produkten zu machen. Das forderte EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger bei einer Tagung in Saarbrücken.

Um in Europa eine leistungsfähige digitale Infrastruktur zu schaffen, die eine superschnelle, auch grenzüberschreitende Übermittlung von Daten und Informationen ermöglicht, sind rund 500 Milliarden Euro an Investitionen nötig. Diese Auffassung vertrat der EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger (CDU ), bei den Wirtschaftsgesprächen der CDU-Bundestagsfraktion , die wegen des bevorstehenden nationalen IT-Gipfels der Bundesregierung in Saarbrücken stattfanden.

Nadine Schön, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion , verwies darauf, dass alleine die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode rund vier Milliarden Euro an Fördergeldern in die Hand nimmt.

Nach Ansicht von Oettinger brauchen Europa und Deutschland vor allem eine gemeinsame Forschungs-Plattform, um Ergebnisse schneller zu Produkten machen zu können. Europa laufe hier Gefahr, gegenüber den USA und Asien ins Hintertreffen zu geraten. Eine weitere europäische Plattform solle dazu dienen, gemeinsam Sicherheits-Architekturen gegen Cyber-Kriminalität im Internet zu entwickeln. Mit solchen Plattformen könne Deutschland auch Wertschöpfung im Land halten. Zudem brauche Europa gemeinsame Standards - auch im Mobilfunk.

Kanzleramtschef Peter Altmaier ist sicher, dass bald neue Trends wie das selbstfahrende Auto und auch Pflegeroboter ganz natürlich zum Alltag gehören. Letztere könnten auch älteren Menschen zuhause eine gewisse Mobilität bis in das hohe Alter sichern. Denn so viele Krankenschwestern, wie man dazu bräuchte, könne man gar nicht ausbilden. Seiner Ansicht nach braucht Deutschland zudem eine Mobilitätsplattform, auf der man künftig individuell alle mobilen Wünsche anmelden kann, wenn man sie gerade benötigt: vom selbstfahrenden Auto als Taxi bis hin zum Fahrrad. Zu den größten Herausforderungen der Digitalisierung gehört für Altmaier die Realisierung einer bürgernahen Verwaltung - die Menschen müssten viele Vorgänge auch von zuhause aus erledigen können.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte, Digitalisierung mache nur Sinn, wenn auch klar sei, was der Taxifahrer künftig macht. Für diese Aussage erhielt sie viel Applaus von den rund 400 Zuhörern. Auch Christian Weber , geschäftsführender Gesellschafter der Karlsberg-Brauerei, ließ durchblicken, dass es in der Belegschaft Ängste über die Auswirkungen der Digitalisierung gibt. ,,Werde ich künftig noch gebraucht"?, fragten sich viele, zumal die Auswirkungen so weit gingen, dass womöglich selbst der Braumeister die Anlagen von zu Hause elektronisch bedienen könne.

Michael Backes, Chef des Kompetenzzentrums für IT-Sicherheit (Cispa) an der Saar-Universität, plädierte dafür, die Gründer mit digitalen Ideen, Produkten und Dienstleistungen deutlich besser fördern, auch finanziell. Das gelte auch für die Risikobereitschaft der Banken. Hier sei Amerika weit voraus. Alleine aus der renommierten Stanford University in Kalifornien, mit der das Saarland gerade eine umfassende Kooperation begonnen hat, seien in den vergangenen Jahren rund 35 000 Ausgründungen hervorgegangen.

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