Saar-Arbeitgeber laufen Sturm Bund bringt Lieferkettengesetz auf den Weg

Berlin/Saarbrücken · Deutsche Unternehmen sollen Menschenrechte und Umweltstandards bei ihren Zulieferern im Blick behalten. Wirtschaftsverbänden geht der Entwurf zu weit – auch aus dem Saarland kommt Kritik.

Arbeitgeber im Saarland üben Kritik am Lieferkettengesetz
Foto: dpa/Jürgen Bätz

Lebensgefährliche Rohstoff-Minen in Afrika, zwielichtige Arbeitsbedingungen für Näherinnen in Asien oder Kinderarbeit auf Baumwollplantagen in Indien: Große deutsche Unternehmen sollen künftig verpflichtet werden, für die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards bei ihren Zulieferern zu sorgen. Verbraucher sollen darauf vertrauen können, dass keine mit Kinder- oder Zwangsarbeit produzierten Produkte angeboten werden.

Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz, auf den sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach monatelangem Streit geeinigt hatten. Zu weiteren Beratungen geht das Gesetz nun in den Bundestag.

Von 2023 an sollen Firmen mit mindestens 3000 Beschäftigten ihre gesamte Lieferkette im Blick haben, aber abgestuft verantwortlich sein. Ab dem Jahr 2024 kommen alle Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten dazu. Wird einer Firma ein Missstand in der Lieferkette bekannt, soll sie verpflichtet werden, für Abhilfe zu sorgen.

Zudem sollen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit bekommen, Betroffene vor deutschen Gerichten zu vertreten, wenn es Verstöße gegen Standards in Lieferketten gibt und der Betroffene zustimmt.

Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden geht der Entwurf zu weit. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) befürchtet Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen im europäischen Vergleich. Rechte und Pflichten der Unternehmen müssten im Gesetz konkreter benannt werden. Außerdem seien die Sanktionen in vielen Fällen zu hoch.

Die Arbeitgeber kritisierten die Vorgaben als nicht handhabbar. „Unternehmen, die sichergehen wollen, nicht von den Sanktionen des Lieferkettengesetzes betroffen zu sein, bleibt daher nur der Rückzug aus Entwicklungsländern mit herausfordernder Menschenrechtslage“, teilte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände mit. Damit schade das Gesetz denjenigen Menschen, denen geholfen werden soll.

Auch die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) lehnt das geplante Gesetz ab. „Ein Mittelständler im Saarland ist schlicht nicht in der Lage, bei Tausenden Unternehmen weltweit die Einhaltung von Arbeitsbedingungen, Streikrecht oder Menschenrechtslage vor Ort zu kontrollieren und sicherzustellen“, sagte VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter.

Für den Verband der Saarhütten (VDS) stellt der Gesetzentwurf „einen bedeutenden Wettbewerbsnachteil für die exportorientierte saarländische Industrie dar“. In der aktuellen Situation seien die Unternehmen „voll damit beschäftigt, wieder in normales Fahrwasser zu gelangen“, sagte VDS-Geschäftsführerin Antje Otto.

Die IG Metall dagegen betonte, der Entwurf dürfe nicht weiter ausgehöhlt werden. Insbesondere die Union sei in der Verantwortung zu verhindern, dass der Entwurf durch Lobbybemühungen zugunsten der Unternehmen aufgeweicht werde.

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