Ausschlussverfahren Die SPD gegen Sarrazin – Folge 3

Berlin · Schon zweimal sind die Sozialdemokraten damit gescheitert, Thilo Sarrazin wegen seiner Islamkritik auszuschließen. Der dritte Versuch soll gelingen.

 Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist seit 45 Jahren SPD-Mitglied. Doch wegen islamkritischer Bücher und Auftritte will ihn die Partei ausschließen. Er selbst sieht keinen Grund dazu.

Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist seit 45 Jahren SPD-Mitglied. Doch wegen islamkritischer Bücher und Auftritte will ihn die Partei ausschließen. Er selbst sieht keinen Grund dazu.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die SPD-Spitze versucht zum dritten Mal, den wegen seiner migrationskritischen Äußerungen umstrittenen Autor und früheren Politiker Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen. Sarrazins Thesen seien nicht mit den Grundsätzen der SPD vereinbar und er füge der Partei „schweren Schaden“ zu, teilte Generalsekretär Lars Klingbeil gestern mit. Im Sommer hatte die SPD-Spitze Sarrazin aufgefordert, die Partei freiwillig zu verlassen, nachdem er sein islamkritisches Buch „Feindliche Übernahme“ vorgestellt hatte.

Sarrazin selbst ist sich keiner Schuld bewusst. „Ich weiß, dass ich in meinem neuen Buch ‚Feindliche Übernahme’ keine sozialdemokratischen Grundsätze verletzt habe“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Das gelte auch für vorherige Veröffentlichungen. Er arbeite mit Fakten, auf deren Basis er seine Argumentation aufbaue. Er sei seit 45 Jahren SPD-Mitglied und seine politischen Grundeinstellungen hätten sich „nicht verändert“. Dem „Tagesspiegel“ sagte er: Der Beschluss des Parteivorstands sei „Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD“.

Es ist der dritte Versuch der SPD-Spitze nach 2010 und 2011, Sarrazin auszuschließen, allerdings sind die Regeln dafür sehr streng. Die heutige SPD-Chefin Andrea Nahles war bereits als Generalsekretärin an den ersten beiden gescheiterten Ausschlussverfahren beteiligt. Nach dem bisher letzten Versuch infolge seines Bestseller-Buchs „Deutschland schafft sich ab“ hatte Sarrazin in einer Erklärung versichert, sich nicht parteischädigend zu verhalten. Diese Erklärung dürfte in dem neuen, mehrmonatigen Verfahren eine Rolle spielen.

Sarrazin argumentiert, nur entstandene Zustände zu beschreiben, nicht aber rassistisch zu argumentieren. Eine der zentralen These ist, dass Deutschland eine schleichende Spaltung der Gesellschaft durch die starke Zunahme von Einwanderern muslimischen Glaubens drohen könnte.

Die Parteistatuten sehen vor, dass ein Ausschluss erfolgen kann, wenn das Mitglied „erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat“. Zunächst wird eine Schiedskommission des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf die Vorwürfe prüfen, Sarrazin könnte sich einen Anwalt nehmen. Danach könnte der Fall zur Landes- und dann zur Bundesschiedskommission wandern. Eine Arbeitsgruppe hatte zuletzt Sarrazins neues Buch „Feindliche Übernahme“ über den Islam geprüft, zudem Auftritte wie bei AfD-nahen Veranstaltungen. Sarrazins bisheriger Verleger hatte sich geweigert, das neue Buch zu veröffentlichen, da es ein Bild des Islams zeichne, das „einer Geißel der Menschheit gleichkommt“.

Auf Grundlage des Berichts der Untersuchungskommission habe der Parteivorstand entschieden, ein neues Parteiordnungsverfahren einzuleiten, sagte Klingbeil. „Unser Ziel ist es, Thilo Sarrazin aus der SPD auszuschließen.“ Die Hürden für einen Ausschluss sind hoch, damit er nicht als Instrument missbraucht werden kann, missliebige Mitglieder loszuwerden. Der frühere Staatssekretär, Finanzsenator und Bundesbankvorstand Sarrazin hatte im Sommer gesagt, er fühle sich in der SPD „nach wie vor gut aufgehoben“.

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