„Schoko-Zar“ Poroschenko gerät in Not

Kiew/Moskau · Mit dem Versprechen für raschen Frieden im Donbass trat der ukrainische Präsident Poroschenko im Juni an. Doch der Krieg hat sich seither verschlimmert. Auch andere Ankündigungen erfüllten sich nicht.

Niederlagen an der Kriegsfront, Proteste in Kiew und massive Wirtschaftsprobleme - der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gerät im eigenen Land zunehmend selbst unter Druck. Einen raschen Frieden im abtrünnigen und russisch geprägten Konfliktgebiet Donbass versprach der mit Süßwaren reich gewordene "Schoko-Zar", als er im Juni sein Amt als Staatschef antrat. Acht Monate später versinkt das Land tief im Chaos.

Nun hofft Poroschenko, dass die aktuelle Friedensinitiative von Deutschland und Frankreich nicht nur die Lage im Land stabilisiert, sondern ihm auch das Amt rettet. Wenn sich der 49-Jährige - wie bisher geplant - an diesem Mittwoch in der weißrussischen Hauptstadt Minsk mit Kanzlerin Angela Merkel, Kremlchef Wladimir Putin und Frankreichs Präsidenten François Hollande trifft, soll ein Plan für eine neue Waffenruhe auf dem Tisch liegen. Es ist ein Wagnis für ihn, denn die Zahl der Kriegsbefürworter ist groß in der ukrainischen Führung.

Die starken Falken in Poroschenkos Umfeld verhindern allerdings bei den Friedensgesprächen in Minsk allzugroße Zugeständnisse an die Aufständischen, wie Kommentatoren betonen. Nationalisten werfen ihm bereits jetzt wegen der Gebietsverluste Landesverrat vor.

Zusätzlich gibt es Seitenhiebe. Wer die offizielle Linie hinterfragt, sieht sich rasch als russischer Spion gebrandmarkt. Innenminister Arsen Awakow prangerte zuletzt sogar Soldaten als Verräter an, die sich bei Protesten in Kiew über ihre miese Lage beschwerten. Wegen Landesverrats muss sich auch der westukrainische Journalist Ruslan Kozaba verantworten. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der Kriegsreporter hatte nicht nur zum Boykott der Teilmobilmachung von mehr als 100 000 Ukrainern aufgerufen. Er kritisierte die offizielle Lesart eines russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine. So etwas ist sonst eigentlich eher im russischen Staatsfernsehen zu hören - das hat unter der neuen proeuropäischen Führung aber seit langem Sendeverbot.

Poroschenko steht zudem im Ruf, selbst an dem Krieg im Osten zu verdienen. Örtliche Medien richten immer öfter ihre Aufmerksamkeit auf das Rüstungsgeschäft des Staatsoberhaupts. Seine Leninschmiede könnte mit ihren Granatwerfern bald zum Standard für neue Panzerspähwagen der Armee werden, heißt es. Immer wieder zeigt sich der Oligarch demonstrativ bei der Übergabe von Schützenpanzerwagen und Waffen an die Armee.

Die Wirtschaftslage gilt als katastrophal. Neue Milliardenhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) lassen wegen fehlender Reformen auf sich warten. Die Landeswährung Griwna ist im freien Fall. Große Betriebe kündigen Massenentlassungen an. Die Inflationsrate nähert sich der 30-Prozentmarke. Und die Probleme wachsen mit jedem Tag.

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