Weiße Weste mit dunklen Flecken

Berlin · Keine Kampfpanzer und Raketen für Länder wie Saudi-Arabien: Seit einem Jahr versucht Wirtschaftsminister Gabriel die Verbreitung deutscher Waffen in der Welt einzudämmen. Die erste Bilanz fällt zwiespältig aus.

Deutschland zählt zu den größten Waffenexporteuren in der Welt. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) will aber weg von diesem zweifelhaften Image und kann dabei einen ersten Erfolg verbuchen: 2014 erteilte die Bundesregierung deutlich weniger Ausfuhrgenehmigungen als in den Jahren zuvor.

Nach einer vorläufigen Datenübersicht des Wirtschaftsressorts wurden im vergangenen Jahr vom Bundessicherheitsrat , einem geheim tagenden Regierungs-Gremium, sogenannte Einzelausfuhrgenehmigungen im Umfang von 3,97 Milliarden Euro erteilt. 2013 betrug der Wert noch 5,85 Milliarden Euro. In den fünf Jahren davor lagen die Exportgenehmigungen jeweils zwischen 4,7 und 5,9 Milliarden Euro.

Nach den bereits unter Rot-Grün beschlossenen Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung darf die Ausfuhr von Kriegswaffen nicht genehmigt werden, "wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression (...) oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschrechtsverletzungen missbraucht werden". Dafür spiele "die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle".

Schon kurz nach seinem Antrittsantritt als Wirtschaftsminister hatte Gabriel angekündigt, diese Festlegungen fortan genauer zu beachten. Obendrein sollte mehr Transparenz bei den Exportgenehmigungen einziehen. So hat Gabriel inzwischen mit der Praxis der Vorgängerregierungen gebrochen, nur einen Rüstungsexportbericht für jedes Jahr zu erstellen, der jeweils erst am Ende des Folgejahres veröffentlicht wurde. Im Oktober 2014 legte sein Ressort erstmals einen Zwischenbericht vor, der die Ausfuhrgenehmigungen für das erste Halbjahr 2014 nachzeichnete.

Nach Einschätzung des grünen Verteidigungsexperten Omid Nouripur werden die Rüstungsexportrichtlinien allerdings auch von der schwarz-roten Bundesregierung weiter verletzt. "Daran hat sich - wenn auch auf niedrigerem Niveau - nichts geändert", sagte Nouripur unserer Zeitung. Der Grünen-Politiker verwies dabei auf die so genannten Drittstaaten, also Länder außerhalb von Nato und EU, deren Anteil von mehr als 60 Prozent an den Rüstungsexportgenehmigungen auch 2014 nahezu identisch im Vergleich zum Vorjahr war. Auch der Verteidigungspolitiker der Linken, Jan van Aken, kritisierte diesen Zustand: Unter den Top-Zehn der Empfängerländer seien acht Drittländer. Dabei sollten Exporte in Drittstaaten nur die Ausnahme sein, so van Aken. Auf Platz sechs der Empfänger rangierte im letzten Jahr Saudi-Arabien. Das Königreich steht regelmäßig im Brennpunkt von Menschenrechtsverletzungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort