Kann der Blitzbesuch Frieden bringen?

Berlin/Moskau · Scheitert in Moskau die Vermittlungsoffensive von Angela Merkel und François Hollande, dürfte der Ukraine-Konflikt weiter eskalieren. Würden dann doch Waffen an Kiew geliefert?

Es wird viel gelächelt. Alle freuen sich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) und Frankreichs Staatspräsident François Hollande für das Kriegsgebiet Donbass eine Friedensinitiative starten - eine Aktion, die beide am Freitag auch ins winterlich kalte Moskau zu Kremlchef Wladimir Putin führt. Zum ersten Mal überhaupt seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ist Merkel in der russischen Hauptstadt. Aber das Lächeln trügt: Die Lage ist dramatisch.

Als erst Merkel und kurz nach ihr Hollande gegen 18 Uhr Ortszeit (16 Uhr MEZ) auf dem Regierungsflughafen Wnukowo-2 landen, sprechen russische Kommentatoren von einem historischen Besuch. "Frau Kanzlerin ist mit deutscher Pünktlichkeit gelandet", heißt es. Sie wolle zwar nicht über Nacht bleiben, müsse sich aber wohl auf lange Verhandlungen mit Putin einstellen.

Die Gespräche über eine Waffenruhe für den Donbass laufen zunächst unter sechs Augen an einem Dreier-Tisch. Alle sind entsetzt über den eskalierenden Konflikt mit den prorussischen Separatisten in der Ostukraine mit täglich neuen Schreckensmeldungen. Kann der Blitzbesuch aus dem Westen Frieden bringen? Ist die Mission der letzte Versuch, einen noch größeren Krieg zu vermeiden - mitten in Europa? Schon vor ihrer Abreise nach Moskau sagt Merkel in Berlin: "Wir sind davon überzeugt, dass es keine militärische Lösung dieses Konfliktes geben wird. Wir wissen aber auch, dass es völlig offen ist, ob es uns gelingt, eine Waffenruhe zu erreichen durch diese Gespräche." Merkel will vorsichtshalber die Erwartungen dämpfen. Sie betont, Hollande und sie seien "keine neutralen Vermittler". Sie verträten europäische Interessen: "Es geht um Frieden, die europäische Friedensordnung, um ihre Aufrechterhaltung. Und es geht um die freie Selbstbestimmung von Völkern (. . .). Wir tun das, was wir glauben, was in dieser Stunde unsere Aufgabe ist: Nämlich alles zu tun, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten."

Und dann stellt sie noch einmal klar, dass sie nicht, wie es in einem Medienbericht hieß, über Grenzen verhandele: "Als deutsche Bundeskanzlerin werde ich nie über den Kopf eines anderen Landes hinweg - in diesem Fall der Ukraine - mich mit irgendwelchen territorialen Fragen beschäftigen. Das schließt sich aus."

Gleichwohl gehen viele Beobachter in Kiew und in Moskau davon aus, dass es einen Frieden in der Ukraine wohl nur geben kann, wenn es für den russisch geprägten Donbass Zugeständnisse gibt. Im Gespräch sind eine Feuerpause mit einer neuen Waffenstillstandslinie sowie Autonomierechte für die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete.

Das ist die russische Linie. Putin hatte zuletzt in einem Brief an den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko - wie schon im September - den Abzug schwerer Waffen und die Schaffung einer entmilitarisierten Zone verlangt. US-Präsident Barack Obama traue vor allem Merkel die richtige Verhandlungsstrategie mit Putin zu, heißt es in deutschen Diplomatenkreisen. Ihr Nein zu Waffenlieferungen an das ukrainische Militär habe derzeit Gewicht.

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