Neuer Papst, neuer Stil

Am Tag danach zählt jede Bewegung. Wen ruft der neue Papst als erstes an? Wo fährt er hin? Was zieht er an? Die Welt kennt Franziskus nicht, deswegen muss sie ihn jetzt besonders genau beobachten. Am Abend seiner Wahl hat er mit Einfachheit und etwas Unbeholfenheit beeindruckt

 Der neu gewählte Papst Franziskus betete gestern Morgen in der Basilika Santa Maria Maggiore. Danach winkte er einigen Gläubigen vor der Kirche zu. Foto: Ciro Fusco/dpa

Der neu gewählte Papst Franziskus betete gestern Morgen in der Basilika Santa Maria Maggiore. Danach winkte er einigen Gläubigen vor der Kirche zu. Foto: Ciro Fusco/dpa

Am Tag danach zählt jede Bewegung. Wen ruft der neue Papst als erstes an? Wo fährt er hin? Was zieht er an? Die Welt kennt Franziskus nicht, deswegen muss sie ihn jetzt besonders genau beobachten. Am Abend seiner Wahl hat er mit Einfachheit und etwas Unbeholfenheit beeindruckt.

Wer am Abend der Wahl gehört hat, dass Franziskus am nächsten Morgen zur Maria beten wolle, für den gibt es in Rom nur eine Adresse, die Basilika Santa Maria Maggiore. Die gläubigen Römer wissen, dass in einer Seitenkapelle die Maria Salus Populi Romani prangt. Sie ist eine Art Schutzheilige der Stadt. Um acht Uhr warten zwei Dutzend Neugierige vor dem Haupteingang von Santa Maria. Als die Sirenen heulen und eine schwarze Limousine vorfährt, da öffnet sich ein Seitentor, in dem der Konvoi beinahe unerkannt verschwindet. Vom Papst sieht man gerade mal ein kleines Stück Soutane.

Wenig später sind aus erster Hand Details über den privat gehaltenen Besuch zu erfahren. Der Papst kniet vor dem Marienbild nieder und betet, er verharrt zehn Minuten in Schweigen und hat einen Blumenstrauß auf den Altar gelegt. Bevor er die Basilika verlässt, besucht er noch den Altar einer anderen Kapelle in der Kirche, in der Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, seine erste Weihnachtsmesse feierte. Franziskus ist der erste Jesuit als Papst, auch der Weg zum Loyola-Altar hat also seinen Grund. "Das ist für Jesuiten ein bedeutender Ort", sagt Vatikansprecher Federico Lombardi, selbst ein Jesuit. Dann, nachdem er einigen jubelnden Kindern einer Schule zugewunken hat, rauscht die Limousine mit dem Papst davon. Es ist nicht der große Mercedes, mit dem Benedikt sich durch die Stadt chauffieren ließ. Es ist eine einfachere Limousine der Vatikan-Gendarmerie.

Der Fahrer, so will es Franziskus, soll erst einmal in die Via della Scrofa fahren. Dort, im Priesterhaus hat Kardinal Jorge Mario Bergoglio vor dem Konklave gewohnt. Er holt sein Gepäck dort selbst ab, bezahlt die Rechnung und verabschiedet sich vom Personal. Der vatikanische Pressestab unter Lombardi legt viel Wert auf diese Details. Auch, weil sie die Kirche und auch ihr Oberhaupt plötzlich in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen.

Auch Erzbischof Georg Gänswein, der Sekretär des emeritierten Papstes, ist als Präfekt des Päpstlichen Hauses bei den Terminen des Franziskus dabei. Gänswein war für den äußeren Stil Benedikts verantwortlich, für rote Mäntelchen und Hermelinmützen. Franziskus übrigens hat Benedikt am Abend seiner Wahl angerufen. Aber zu einem Besuch kommt es am Tag nach der Wahl nicht. Damit sei in den nächsten Tagen zu rechnen, sagt der Vatikansprecher. Alle Kardinäle, die sich am Tag nach der Wahl äußern, betonen den einfachen Stil Bergoglios. "Alles Höfische ist ihm fremd", sagt der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki. "Schlichtheit und Klarheit", mag der Wiener Kardinal Christoph Schönborn an ihm. "Er hat sein einfaches Brustkreuz behalten."

Wenn Franziskus keine großen Fehler macht, wenn seine Gesten nicht aufgesetzt, sondern ernst sind, wenn sich seine mutmaßlichen Verwicklungen zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien als harmlos oder unbegründet herausstellen, dann wird er der nächste Papst des Volkes. Das deutet sich jetzt schon an. Um 17 Uhr feiert Franziskus mit den Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle die Messe. Hier fiel er nach seiner Wahl den gehbehinderten Kardinal Dias aus Indien in die Arme. Seine erste Handlung als Franziskus war es, auf diesen kranken Kollegen zuzugehen und nicht, das betonen alle Augenzeugen, die Huldigungen entgegen zu nehmen. Dann, später am Abend, ging es zurück ins Gästehaus Santa Marta. Franziskus wird hier die ersten Tage seiner Amtszeit wohnen. Hinter der Basilika standen ein Kleinbus für die Kardinäle und die große, beleuchtete Papst-Limousine bereit. Franziskus nahm den Bus.

Hintergrund

 Der neu gewählte Papst Franziskus betete gestern Morgen in der Basilika Santa Maria Maggiore. Danach winkte er einigen Gläubigen vor der Kirche zu. Foto: Ciro Fusco/dpa

Der neu gewählte Papst Franziskus betete gestern Morgen in der Basilika Santa Maria Maggiore. Danach winkte er einigen Gläubigen vor der Kirche zu. Foto: Ciro Fusco/dpa

Der Name des neuen Papstes ist "Franziskus" und nicht "Franziskus I.". Das präzisierte Vatikansprecher Federico Lombardi gestern in Rom. Franziskus sei der erste Papst, der vom amerikanischen Kontinent komme, der erste Papst aus dem Jesuitenorden und der erste Papst, der den Namen des italienischen Heiligen Franz von Assisi gewählt habe, betonte Lombardi. Dass der Jesuit Jorge Mario Bergoglio sich nicht nach seinem Ordensgründer Ignatius von Loyola benannt habe, zeige die Absicht, "im Dienst der gesamten Kirche zu stehen". kna

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