"Dieser Papst ist eine große Chance"

Rückt Europa in der katholischen Welt jetzt eher in den Hintergrund?Thierse: Vermutlich ja, ein wenig. Aber das kann der katholischen Kirche nur gut tun. Fast die Hälfte aller katholischen Christen lebt in Lateinamerika. Dies wird auch an der Spitze der Kirche deutlich

Rückt Europa in der katholischen Welt jetzt eher in den Hintergrund?

Thierse: Vermutlich ja, ein wenig. Aber das kann der katholischen Kirche nur gut tun. Fast die Hälfte aller katholischen Christen lebt in Lateinamerika. Dies wird auch an der Spitze der Kirche deutlich. Und dass Europa nicht mehr im Zentrum römisch-zentralistischer Aufmerksamkeit steht, ist sogar ein Vorteil für die europäischen Kirchen.

Warum?

Thierse: Dieser Papst ist eine große Chance für mehr Offenheit, für die tatsächliche Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit der katholischen Weltkirche.

Was erwarten Sie sich konkret?

Thierse: Weniger römischen Zentralismus, mehr Kollegialität sowie mehr Freiheit und Kompetenzen für die nationalen Bischofskonferenzen.

Unter Benedikt haben sich Probleme in der römischen Kurie eher verstärkt. Was muss sich ändern?

Thierse: Eine Reform der Kurie ist dringend notwendig. Vatileaks-Affäre, Umgang mit den Piusbrüdern, Vertuschungsversuche im Missbrauchsskandal - da sind so viele Fehler im Macht- und Verwaltungsapparat gemacht worden, dass ein personeller Wechsel Not tut.

Eine "Kriegserklärung an Gott" hat der neue Papst die Ehe von gleichgeschlechtlichen Partnern genannt. Stört Sie das?

Thierse: Ich halte nichts davon, Urteile über Homosexuelle zum wichtigsten Kriterium der Beurteilung einer Person zu machen. Gerechtigkeit, Frieden, ökologisches Handeln, das sind große politische Herausforderungen auch für einen Papst. Über die Homo-Ehe wird man in der Kirche allerdings weiter streiten müssen.

Wie würden Sie das Verhältnis der deutschen Katholiken zum neuen Kirchenoberhaupt beschreiben?

Thierse: Die deutschen Katholiken schauen mit freundlicher Sympathie auf diesen Papst und was er nun tun wird. Sie sollen sich aber nicht für den Nabel der Weltkirche halten. Benedikt kannte die deutsche Kirche natürlich besonders gut. Alles, was da passierte, wurde in Rom mit Argwohn gesehen. Das ist eine gelegentlich auch falsche Wichtigkeit gewesen.

Das vollständige Interview lesen Sie auf www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

Foto: Seeger/dpa

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