(Hintergrund) Das neue ManagerrechtPolitik jagt schwarze Manager-SchafeAuf einen Blick: Die Kernpunkte des neuen Managerrechts

Berlin. Kaum scheint die Krise die Talsohle zu erreichen, schon wird die Kritik aus der Wirtschaft an der Politik wieder lauter. Etwa an den neuen Regeln für Manager, die massiv in die Vertragsfreiheit eingreifen

Berlin. Kaum scheint die Krise die Talsohle zu erreichen, schon wird die Kritik aus der Wirtschaft an der Politik wieder lauter. Etwa an den neuen Regeln für Manager, die massiv in die Vertragsfreiheit eingreifen. Doch schon bei der Beratung des "Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung", wie das Paragrafen-Paket offiziell heißt, zeigte sich, dass die Führungseliten in der Koalition jeden Rückhalt verloren haben. Auch in der Union, die lange schützend die Hand über Firmenbosse und Verbandslobbyisten hielt. Selbst ein Brief von Aufsichtsratschefs 15 großer Konzerne an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konnte die schärferen Gesetze nicht verhindern. Die Vorgaben sind aber auch eine Klatsche für die Regierungskommission zur Einhaltung von Unternehmensregeln. Auf deren Empfehlungen allein will sich die Politik offensichtlich nicht mehr verlassen. So werden Top-Manager damit leben müssen, dass sich ihr Gehalt mehr am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientieren muss und sie Schäden zumindest zum Teil aus der eigenen Tasche begleichen müssen.Die Manager auf dem KiekerDie Kluft zwischen Durchschnitts- und Vorstandsgehältern ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Die Pflicht zur Veröffentlichung der Bezüge - erst aufgrund freiwilliger Selbstverpflichtung der Wirtschaft, dann wegen gesetzlichen Zwangs - änderte daran wenig. Schon vor der Krise hatte die Kanzlerin die Manager auf dem Kieker. Wer viel verdiene, solle gut bezahlt werden, merkte sie Ende 2007 an, um dann zum großen Aber auszuholen: "Wenn aber Versagen von Spitzenkräften mit Fantasieabfindungen vergoldet wird, dann untergräbt das das Vertrauen in die soziale Gerechtigkeit des Landes", rief sie der Basis auf dem CDU-Parteitag zu. Indes: Taten wollte die Union den Worten im Gegensatz zur SPD, die zu diesem Zeitpunkt auf eine Verschärfung drängte, nicht folgen lassen. Doch dann kamen Fälle wie der von Ex-Postchef Klaus Zumwinkel und danach die Finanzkrise. Merkel hatte auf Einsicht der Eliten gehofft, auf ein größeres Schuldeingeständnis der Banker etwa. Stattdessen musste die Bevölkerung mit ansehen, wie etwa der Ex-Chef der nur mit Staatshilfen geretteten Bank HRE nach seinem Rauswurf ungerührt Millionen an angeblich ausstehendem Gehalt einklagen wollte - viele schwarze Schafe können auch das Erscheinungsbild einer Herde prägen.Koalition ist sich einigDie Politik reagierte. Zunächst wurde im Oktober 2008 mit dem Bankenrettungspaket festgelegt, dass Manager von Instituten, die direkte Staatshilfe nutzen, maximal 500 000 Euro pro Jahr verdienen dürfen. Dann folgten Vorschläge für ein schärferes Managerrecht - die Koalitionsunterhändler wurden sich erstaunlich schnell einig. Einzig in der Frage einer indirekten Begrenzung des Salärs wurde kein Konsens erzielt. Aus der Wirtschaft folgte viel Wehklagen. Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel warf der Politik Populismus vor. "Politiker, die sich Manager als neue Feindbilder aussuchen, vergessen, dass Eliten in anständiger Weise miteinander umgehen sollten." Der Vorsitzende der Regierungskommission für gute Unternehmensführung, Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller, nannte die Koalitionspläne "nicht gelungen", "bedenklich" und "unzweckmäßig". Müller dürfte seinen Unmut gegenüber Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) noch gestern auf einer Konferenz kundgetan haben. Die versteht die Aufregung nicht: Für maßvolle Manager stellten die Regelungen kein Problem dar, merkte sie trocken an. "Treffen wollen und werden wir damit aber die, die es übertrieben haben und bei nächster Gelegenheit wohl wieder übertreiben würden."

Auf einen BlickDie Kernpunkte des neuen Managerrechts: Vergütungshöhe: Der Aufsichtsrat soll künftig bei der Festlegung der Bezüge darauf achten, dass sie im angemessenen Verhältnis zur Lage des Unternehmens und zur Leistung des Vorstands und der sonst "üblichen Vergütung" (im Vergleich innerhalb der Branche und des Unternehmens) stehen.Langfristanreize: Auch müssen "langfristige Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung" gesetzt werden. Konkret wird festgeschrieben, dass Aktienoptionen erst nach vier statt bisher zwei Jahren eingelöst werden dürfen.Herabsetzung: Der Aufsichtsrat "hat" neuerdings die Bezüge herabzusetzen, wenn sich die Lage des Unternehmens verschlechtert. Derzeit steht im Gesetz das Wörtchen "soll".Festlegung: Künftig muss der Aufsichtsrat selbst über die Vorstandsverträge befinden. Eine Delegation an einen Ausschuss ist untersagt. Die Hauptversammlung soll zudem das Recht haben, über die Vergütungen zu debattieren und Beschlüsse zu fassen - die allerdings nicht rechtlich verbindlich sein sollen. Ferner sollen künftig Ruhestandsgehälter veröffentlicht werden.Managerhaftung: Die Top-Manager sollen künftig auf einem Teil der Schäden, die sie verursachen, selbst sitzen bleiben. Gegenwärtig stellen sie Versicherungen, deren Prämien von ihren Gesellschaften bezahlt werden, von der Haftung in der Regel frei. Künftig wird ein Selbstbehalt eingeführt (maximal das anderthalbfache Jahresgehalt).Wechselverbot: Für börsennotierte Aktiengesellschaften wird ein zweijähriges Verbot des Wechsels vom Vorstand in den Aufsichtsrat eingeführt, um das Unternehmen effektiver kontrollieren zu können. Ausnahme: Der Vorschlag erfolgt von Aktionären, die zusammen mindestens 25 Prozent der Anteile halten. dpa

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