Fünf Euro mehr im Monat

Berlin. Die Koalition steht unter Erfolgsdruck. Die Spitzen von Union und FDP treffen sich inzwischen schon im Monatsrhythmus zu Krisengesprächen. Erst versuchte Kanzlerin Angela Merkel, den Streit über längere Atom-Laufzeiten möglichst schnell abzuräumen, jetzt gibt es ein Ergebnis für höhere Hartz-IV-Sätze

Berlin. Die Koalition steht unter Erfolgsdruck. Die Spitzen von Union und FDP treffen sich inzwischen schon im Monatsrhythmus zu Krisengesprächen. Erst versuchte Kanzlerin Angela Merkel, den Streit über längere Atom-Laufzeiten möglichst schnell abzuräumen, jetzt gibt es ein Ergebnis für höhere Hartz-IV-Sätze. Die geplante Steigerung von bis zu fünf Euro ist allerdings deutlich weniger als das, was in den vergangenen Tagen als mögliches Ergebnis kolportiert wurde. Die drei Parteichefs der Koalition Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) zeigten sich mit dem Ergebnis "hochzufrieden".

Das Bundesverfassungsgericht hatte keine höheren oder niedrigeren Sätze gefordert, sondern mehr Transparenz bei der Berechnung der Leistungen für Langzeitarbeitslose und ihre Kinder. CSU-Chef Horst Seehofer verlangte: Erhöhung nur, wenn's nicht anders geht. Heraus kam die Mini-Anhebung um fünf Euro. Es sollte zumindest ein kleines Zeichen sein. Sozialverbände hatten sich weitaus mehr erhofft. Der Paritätische Wohlfahrtsverband verlangte eine Anhebung von 359 auf 420 Euro. Die FDP hatte von Anfang an nicht mehr Sozialgeld im Auge. Im Frühjahr hatte FDP-Chef Guido Westerwelle die Hartz-IV-Debatte nach dem Karlsruher Urteil schrill intoniert. "Spätrömische Dekadenz" war sein Schlagwort, das den Liberalen schwer geschadet hat: "Eine Partei ohne Herz", hieß die Kritik. Inzwischen hat FDP-Generalsekretär Christian Lindner den "aktivierenden Sozialstaat" ausgerufen.

Die Beschlüsse der Koalition sollten dies belegen. Mehr Bildungschancen für Kinder armer Eltern und deutlich höhere Hinzuverdienstgrenzen bei der Aufnahme einer Arbeit waren Prioritäten der FDP. Noch vor Beginn des Hartz-Koalitionsgipfels wollte die FDP keine Vereinbarung unterschreiben, die nicht auch einen höheren Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit beinhaltet. Doch das Thema wurde auf Oktober vertagt.

Über allem schwebte auch an diesem Wochenende der Entscheidungsdruck der Koalition. "Wir sind Problemlöser", sollte nach Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) die Botschaft sein. Bei dem Rekordtief von Schwarz-Gelb in den Umfragen ist auch keine andere Lösung denkbar. Ausgerechnet bei der Frage nach höheren Hartz-IV-Sätzen könnte die Koalition dagegen beim Wahlvolk auf Zustimmung treffen. Mit 56 Prozent der Bundesbürger ist eine klare Mehrheit gegen eine Anhebung, ergab eine Umfrage.

Die Opposition läuft dagegen Sturm. SPD-Chef Sigmar Gabriel hält die Erhöhung für viel zu gering. Er will, "dass eine Mutter ihrem Kind mal ein zweites Paar Schuhe kaufen oder es mit auf Klassenfahrt schicken kann". Die SPD will eine Verfassungsklage prüfen, ebenso die Grünen. Linke-Chef Klaus Ernst sieht fünf Euro Plus bereits mit einem menschenwürdigen Existenzminimum unvereinbar und sprach von einem "glatten Verfassungsbruch".

Davor hat die Regierung anscheinend keine Angst. "Die müssen erst einmal begründen, wieso unsere Berechnungen der Verbrauchsgewohnheiten der untersten Einkommensschichten falsch sind", sagten gestern Verhandlungsführer der Koalition. Dass vor Tagen zunächst von 40 Euro mehr Geld die Rede war und nur noch fünf Euro herauskamen - das konnte wiederum keiner der Koalitionäre so richtig begründen.

Auf einen Blick

Der Regelsatz bestimmt die Höhe der monatlichen Leistung für Sozialhilfe-Empfänger und seit 2005 auch für Hartz-IV-Empfänger. Mehr als 6,5 Millionen Menschen beziehen derzeit die Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Der Regelsatz, der nun um fünf Euro steigen soll, beträgt bis Jahresende noch 359 Euro für einen Erwachsenen, 323 Euro für den Ehe- oder Lebenspartner (90 Prozent), 287 Euro für Kinder ab 14 Jahren (80 Prozent), 251 Euro für Kinder von sechs bis 13 Jahre (70 Prozent) und 215 Euro für Kinder bis fünf Jahre (60 Prozent). dpa

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