Ein Pakt mit dem Teufel?

Saarbrücken · Unverantwortlich, unsittlich, menschenverachtend: Das Konzept, mit der US-Firmen das Dilemma Kinder oder Karriere aufzulösen versuchen, stößt im Saarland auf einhellige Ablehnung.

So abwegig es vielleicht klingen mag: Auch hierzulande entscheiden sich Frauen dafür, der Karriere wegen ihre Fruchtbarkeit durch das Einfrieren von Eizellen zu verlängern. "Noch ist es sozusagen ein zartes Pflänzchen", sagt Dr. Lars Happel vom Kinderwunsch-Zentrum IVF Saar in Saarbrücken . Zwischen zehn und 15 Frauen seien in den vergangenen zwei Jahren in seiner Praxis gewesen, um sich mit Hilfe eingefrorener Eizellen vor dem Kinderwunsch erst einmal den Karrierewunsch zu erfüllen. Dass aber Unternehmen für ihre Mitarbeiterinnen finanzielle Anreize schaffen, ihre Kinder erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Welt zu bringen, fin det Happel unverantwortlich. Einmal ganz davon abgesehen, dass keineswegs gewährleistet sei, dass der Kinderwunsch durch eingefrorene Eizellen - dazu noch im fortgeschrittenen Alter einer Frau - realisierbar sei, seien später auch die Risiken einer Schwangerschaft stark erhöht. Die überhöhte Erwartung könne zu einer riesigen Enttäuschung bis hin zur Depression führen, erklärt Happel.

Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften im Saarland sind sich wohl selten so einig wie in ihrem Urteil über das amerikanische "Social Freezing". Familienplanung sei eine höchst persönliche, intime und private Angelegenheit, in die sich Unternehmen nicht einzumischen hätten, sagt etwa Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände VSU. Vielmehr sei es Aufgabe der Betriebe, weiter an einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu arbeiten. Thomas Schulz vom DGB Saar assoziiert "Social Freezing" gar mit "sozialer Kälte". "Unsittlich" nennt er das Angebot der US-Firmen und einen "Manipulationsversuch". Für ihn sei es vergleichbar mit einem "Pakt mit dem Teufel", der zu einem enormen Druck auf Frauen im Arbeitsleben führen könne. Die Vorsitzende der Frauen Union Saar, Anja Wagner-Scheid nennt "Social Freezing" einen "frauen- und menschenverachtenden Vorschlag der Unternehmen".

Und auch die Kirchen können dieser Form der "Sozialleistung" wenig abgewinnen. "Soll damit jetzt das Leben dem Arbeitsprozess vollständig angepasst werden?", fragt sich etwa der Superintendent im evangelischen Kirchenkreis Saar-West, Christian Weyer. "Bei solchen Vorschlägen muss man sich Gedanken darüber machen, ob unser Bild von Karriere heute noch stimmt."

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