Das letzte Wort im Buback-Prozess ist gesprochen

Stuttgart. Die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker hat zwei ebenso fähige wie selbstbewusste Anwälte. So war es wohl auch als Ausdruck von Wertschätzung zu verstehen, dass sich die Verteidiger in einem Teil ihres Plädoyers gestern einfach der Bundesanwaltschaft anschlossen. "Das könnte von uns gewesen sein", sagte Verteidiger Hans Wolfgang Euler

Stuttgart. Die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker hat zwei ebenso fähige wie selbstbewusste Anwälte. So war es wohl auch als Ausdruck von Wertschätzung zu verstehen, dass sich die Verteidiger in einem Teil ihres Plädoyers gestern einfach der Bundesanwaltschaft anschlossen. "Das könnte von uns gewesen sein", sagte Verteidiger Hans Wolfgang Euler.Denn in einem sind sich Anklagevertreter und Verteidigung einig: Verena Becker hat nicht auf dem Motorrad gesessen, von dem aus zwei Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) am 7. April 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback, seinen Fahrer Wolfgang Göbel und den Justizbeamten Georg Wurster mit einem Selbstladegewehr der Marke Heckler & Koch erschossen.

Im entscheidenden Punkt gingen die Ansichten dann aber doch auseinander: Während die Bundesanwaltschaft viereinhalb Jahre Haft wegen Beihilfe zu dem Mordanschlag fordert, beantragten Beckers Verteidiger vor dem Oberlandesgericht Stuttgart einen Freispruch. Damit steht der seit anderthalb Jahren dauernde Prozess vor seinem Abschluss. Wer allerdings auf dem Tatmotorrad saß - das konnte auch die umfangreiche Beweisaufnahme nicht klären.

Bei den Plädoyers wurde nochmals deutlich, wo die eigentliche Konfliktlinie in diesem wohl letzten großen RAF-Verfahren verlief: nicht etwa zwischen Anklage und Verteidigung, sondern zwischen der Anklage und dem Nebenkläger Michael Buback - dem Sohn des Opfers, der davon überzeugt ist, dass Verena Becker die Todesschützin war und bei den Ermittlungen von einer "schützenden Hand" gedeckt wurde. Bundesanwalt Walter Hemberger hatte Bubacks Argumente bereits so vehement zerrissen, dass Beckers Anwälten nicht mehr viel übrig blieb, wogegen sie ihre Mandantin hätten verteidigen müssen.

Buback habe "aus vielen Gründen Respekt verdient", sagte Verteidiger Walter Venedey. Das schütze aber nicht vor Kritik. Der Nebenkläger habe sich auf eine "Flucht aus der Realität" begeben. In der Tat erscheint es so gut wie ausgeschlossen, dass das Gericht Becker als Mittäterin des Anschlags verurteilt - nicht wegen ihrer angeblichen Rolle bei Vorbereitung des Anschlags, und schon gar nicht, weil sie am Tatort gewesen wäre.

Auch die Bundesanwaltschaft hatte am Ende nicht am Vorwurf der Mittäterschaft festgehalten. Die Anklagevertreter meinen allerdings, Becker habe sich bei einem Vorbereitungstreffen der RAF-Mitglieder mit einer derartigen "Vehemenz" für die Ausführung des Anschlags eingesetzt, dass sie wegen "psychischer Beihilfe" zu verurteilen sei.

Diesen Vorwurf nehmen die Verteidiger sichtlich ernster - und versuchten in ihrem Plädoyer vor allem, die Glaubwürdigkeit des RAF-Aussteigers Peter-Jürgen Boock zu entkräften, auf den sich die Bundesanwaltschaft in wesentlichen Punkten stützt.

Venedey verteidigte die 59-Jährige auch gegen den Vorwurf, sie habe keine Reue gezeigt. Bereits vor Beginn der Ermittlungen habe sich mit ihrer terroristischen Vergangenheit auseinandergesetzt. Dies belegten ihre Notizen. Die Bundesanwaltschaft sah das anders: Für sie waren die Aufzeichnungen und Orakelbefragungen gerade ein Indiz dafür, dass die Ex-Terroristin mehr mit dem Attentat zu tun hatte.

Becker, die der Verhandlung meist mit versteinerter Miene gefolgt war, schien sich während des Plädoyers ihrer Verteidiger etwas zu entspannen. Als das Gericht fragt, ob sie ein letztes Wort wünsche, sagt sie nur: "Vielen Dank." Die Richter wollen am 6. Juli ihr Urteil verkünden.Foto: XXX

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