Poroschenko zeigt sich vor Verhandlung mit Putin entschlossen

Kiew · Der ukrainische Präsident Poroschenko stellt sich auf zähe Verhandlungen mit Kremlchef Putin ein. Die Zeit für eine Lösung im Konflikt zwischen Kiew und Moskau drängt. Gelingt der Durchbruch beim Treffen in Mailand?

Mit einer kämpferischen Rede an die Nation schwört der ukrainische Präsident Petro Poroschenko seine Landsleute auf eine entscheidende Phase im blutigen Ostukraine-Konflikt ein. Vollmundig verspricht er, bei Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin diese Woche in Mailand werde er die Unabhängigkeit der Ukraine verteidigen und für Frieden sorgen. "Alles wird gut", versichert Poroschenko. Doch den Kopf geneigt, die Augen lange geschlossen, strahlt seine Körpersprache dabei nur wenig Optimismus aus.

Für die Ukraine geht es um viel: Der Ex-Sowjetrepublik steht erneut ein eiskalter Winter bevor, und das Land ist dringend darauf angewiesen, dass Russland seine im Juni eingestellten Gaslieferungen wieder aufnimmt. Moskau fordert aber, dass Kiew zunächst Schulden in Milliardenhöhe begleicht.

Vor den Parlamentswahlen am 26. Oktober muss Poroschenko Ergebnisse liefern. Das gilt auch für den festgefahrenen Konflikt mit den moskautreuen Separatisten in den Regionen Donezk und Lugansk. Doch mit Friedenssignalen hält sich Poroschenko bedeckt. Bei Charkow lässt er sich in voller Soldatenmontur in Schützengräben ablichten. Wenige Dutzend Kilometer weiter in Donezk wird seit Wochen trotz einer vereinbarten Waffenruhe geschossen.

Um die selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk will Poroschenko drei neue Verteidigungslinien ziehen lassen. Mit einem dichten Netz aus Kontrollpunkten, Gräben und Stacheldraht sollen die Separatisten an einem weiteren Vormarsch gehindert werden.

Der Kreml spielt nach Einschätzung von Experten auf Zeit. Als Signal der Entspannung aus Moskau gab Oberbefehlshaber Putin am Wochenende einen Rückzugsbefehl für mehr als 17 000 Soldaten aus dem Grenzgebiet zur Ostukraine, was der Westen stets gefordert hatte. Doch der ukrainische Politologe Wladimir Fessenko sieht darin keinen Kurswechsel Moskaus. "Ein neuer Ausbruch von Kämpfen ist noch vor dem Winter möglich", warnt Fessenko. Er vermutet, dass Putin den Konflikt "einfrieren" will, um ihn als Druckmittel weiter in der Hinterhand zu halten. Der Kreml dürfte sich von einer Botschaft des guten Willens mittelfristig eine Lockerung der schmerzhaften Sanktionen des Westens erhoffen, vermutet Fessenko.

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