Linke/SPD Rote Fusionsfantasien gegen eigene Schwäche

Berlin · Oskar Lafontaine soll den Zusammenschluss mit der SPD ins Spiel gebracht haben– mit mäßigem Echo.

 Sollten sich SPD und Linke die Hand reichen, um das linke Lager zu stärken? Gegen eine Fusion der beiden Parteien gibt es viele Bedenken.

Sollten sich SPD und Linke die Hand reichen, um das linke Lager zu stärken? Gegen eine Fusion der beiden Parteien gibt es viele Bedenken.

Foto: Grafik: Robby Lorenz/Lorenz, Robby

Ist das die Rettung für zwei gebeutelte Parteien? Jetzt haben Kreise der Linken eine Fusion mit der SPD ins Spiel gebracht. Doch selbst beim linken Flügel der Sozialdemokraten ist man darüber alles andere als erbaut.

Nichtsdestotrotz hatte die Linkspartei am gestrigen Mittwoch allen Grund zu Freude. Im Stadtstaat Bremen begannen die Koalitionsverhandlungen, bei denen man mit am Tisch sitzt. Ziel ist ein grün-rot-rotes Regierungsbündnis in der Hansestadt. Es wäre das erste in einem westdeutschen Bundesland überhaupt. Und prompt sprachen linke Parteipromis von einem „bundespolitischen Signal“, das von den Gesprächen in Bremen ausgeht – mit anderen Worten: Wenn in Bremen eine solche Koalition zustande kommt und sich bewährt, könnte sie Modellcharakter für ein grün-rot-rotes Regierungsbündnis auch auf Bundesebene haben.

Das Problem ist freilich, dass es im großen Rest der Republik für die Linke momentan ziemlich mies aussieht. Intern ist sogar von „schwerer Krise“ der Partei die Rede. Bei der jüngsten Europa-Wahl kratzte die Linkspartei fast die Fünf-Prozent-Marke, was bei bundesweiten Urnengängen schon lange nicht mehr der Fall war. Und bei den anstehenden Landtagswahlen im Osten Deutschlands droht die Linke ihre traditionelle Vormachtstellung dort endgültig zu verlieren. Ihre vormalige Rolle als Protestpartei hat in den ostdeutschen Bundesländern längst die AfD übernommen.

In Sachsen und in Brandenburg könnten die Rechtspopulisten den aktuellen Umfragen zufolge sogar die stärkste politische Kraft werden. Und in Thüringen muss Bodo Ramelow, der einzige Ministerpräsident der Linken in der Bundesrepublik, mittlerweile um seinen Posten bangen – dort steht eine Neuauflage der rot-rot-grünen Landesregierung auch wegen der Schwäche der SPD in Frage.

Angesichts dieser doch ziemlich trostlosen Lage kursieren bereits seit einigen Tagen Gedankenspiele über eine Fusion von SPD und Linken, um das linke Lager in Deutschland insgesamt wieder stärken zu können. Den Anfang machte der französisch-deutsche Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit: Die Linke sei sozialdemokratisch, die SPD solle es wieder werden. „Also rettest du die Sozialdemokratie, wenn die zersplitterten Linken zusammengehen“, erklärte er in einem Interview.

Am gestrigen Mittwoch zog Heinz Bierbaum, ein Vertrauter des ehemaligen SPD-Chefs und Mitbegründers der Linkspartei, Oskar Lafontaine, dann nach. Sein Tenor: Lafontaine sei schon länger für eine Fusion der beiden Parteien, er bedauere, „in welchem Zustand die SPD ist, deshalb liegen solche Überlegungen bei ihm sehr nahe“, betonte Bierbaum.

Auf Nachfrage erklärte Lafontaine gestern allerdings, dass es ihm „nicht um eine vordergründige Fusionsdebatte“ gehe, sondern um eine „politische Mehrheit im Bundestag für höhere Löhne und Renten und bessere soziale Leistungen, für eine friedlichen Außenpolitik und eine Umweltpolitik, die sich nicht auf kosmetische Korrekturen beschränkt“. Deutlicher wurde Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch, ein Realo und Intimfeind Lafontaines: Für Fusionsgedanken gebe es „keine Notwendigkeit und Voraussetzung“.

Für den Berliner Politikforscher Gero Neugebauer ist die rot-rote Fusionsdebatte allerdings eher ein Hirngespinst im Interesse der Linkspartei: „Jedes Mitglied der Linkspartei kann der SPD beitreten, aber eine Fusion der Linken mit der SPD mutet ungefähr so an, als würde der Schwanz mit dem Hund wackeln“, sagte Neugebauer im Gespräch mit unserer Redaktion. Von namhafter Seite der SPD seien solche Überlegungen jedenfalls nicht bekannt. „Deshalb sind solche Fusionsvorstöße eher ein verzweifelter Wiederbelebungsversuch der Linkspartei. Der Traum Lafontaines, sie als akzeptierte linke Alternative zur SPD zu etablieren, ist jedenfalls gescheitert“, meinte Neugebauer. Selbst beim linken Parteiflügel der Sozialdemokraten ging man auf Distanz zu Gedankenspielen, SPD und Linke zu verschmelzen: „Das ist derzeit eine Debatte, die nichts bringt. Wir brauchen eine starke SPD“, erklärte die Abgeordnete Hilde Mattheis. „Dazu ist ein überzeugender Konsolidierungskurs notwendig.“

 Linke-Mitbegründer Oskar Lafontaine kann sich eine Zusammenarbeit mit der SPD im Bundestag vorstellen, um politische Mehrheiten zustande zu bringen.

Linke-Mitbegründer Oskar Lafontaine kann sich eine Zusammenarbeit mit der SPD im Bundestag vorstellen, um politische Mehrheiten zustande zu bringen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Bei der Bundestagswahl im Jahr 2013 kamen SPD und Linke übrigens noch auf zusammen gut 34 Prozent der Stimmen. Nach den aktuellen Umfragen sind es kaum 20 Prozent. Auch das liest sich nicht gerade wie ein Erfolgsprojekt.

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