Trotz aller Querelen Unions- und SPD-Fraktion wollen im Arbeitsmodus bleiben

Berlin · Die schwarz-rote Koalition befindet sich im Stimmungstief. In der Union wird zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl bereits heftig die K-Frage debattiert, bei der SPD weiß man nach dem Rücktritt von Andrea Nahles noch gar nicht, wie es künftig personell an der Spitze weitergeht.

Hinzu kommen inhaltliche Konflikte. Das alles könnte zum Bruch der Koalition führen. Zumindest auf der Arbeitsebene will man jetzt dagegenhalten.

An diesem Donnerstagabend kommen die geschäftsführenden Fraktionsvorstände von Union und SPD zum Auftakt ihrer zweitägigen Klausurtagung zusammen. Jeweils an die 15 Personen. In einem Berliner Restaurant steht zunächst die Außenpolitik auf dem Programm: Zu Gast ist die Bürgermeisterin der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown, Yvonne Aki-Sawyerr. Afrika sei ein Kontinent der Chancen, heißt es in der Union. Und die wolle man nutzen.Das ist aber nur eine Komponente des Treffens und sicherlich nicht die wichtigste. Der Lokalbesuch bei Wein, Bier und „Dinner Speech“ dient vor allem der Pflege des Binnenklimas zwischen Schwarzen und Roten. Man muss sich nach den personellen Umwälzungen jüngst in der SPD, aber auch im vergangenen Jahr in der Union wieder näherkommen. Außerdem ist die Nervosität unter den Koalitionspartnern nach der miserablen Europawahl und dem Aufschwung der Grünen groß. Es gilt, trotz allem im Arbeitsmodus zu bleiben. Dafür sorgen müssen insbesondere der Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU, Ralph Brinkhaus, und der derzeit amtierende Interimschef der Sozialdemokraten, Rolf Mützenich. Die ersten Treffen der beiden seien „harmonisch und kooperativ“ verlaufen, sagt ein Koalitionär.

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer ist optimistisch, dass das so bleibt. Die große Koalition sei „besser als ihr Ruf“, findet der CDU-Mann. „Wir haben bereits viele wichtige Gesetze beschlossen wie das Rentenpaket, das Pflegestärkungsgesetz und zuletzt die Migrations- und Integrationsgesetze.“ Von der Klausurtagung solle daher das Signal ausgehen, „dass wir diese gute Arbeit bis zum regulären Ende der Legislaturperiode fortsetzen wollen“. Ob das gelingt, wird sich spätestens im Herbst zeigen, wenn beide Partner den Koalitionsvertrag unter die Lupe nehmen und Bilanz ziehen wollen.

Am Freitag steht dann im Reichstag die Innenpolitik an. Dem Vernehmen nach wird es um die vereinbarte Entlastung beim Soli gehen, in welchem Umfang, ist strittig. Wie schon im letzten Jahr soll auch wieder der Abbau der kalten Progression Thema sein. Angesichts einer schwächelnden Konjunktur will man außerdem über Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaftskraft und wichtige Zukunftsinvestitionen beraten. Und: Auch den Mobilfunk und die Schließung von Funklöchern haben sich die Koalitionäre vorgenommen. „Es wird Beschlüsse geben“, heißt es. Der umstrittene Grundrenten-Plan der SPD findet sich allerdings nicht auf der Tagesordnung. „Es könnte aber dennoch darüber gesprochen werden“, so Koalitionskreise.

Eigentlich findet die Tagung reihum in den Heimatregionen der Fraktionschefs statt – letztes Jahr traf man sich auf der Zugspitze mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als Gastgeber. Geplant war das Treffen diesmal im Wahlkreis von SPD-Frontfrau Andrea Nahles im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler. Und zwar auf einem Weingut. Nach dem Rücktritt der Partei- und Fraktionschefin musste jedoch kurzfristig umdisponiert werden. Nun berät man in Berlin. Der Wermutstropfen: Auf Fotos in besonderem Ambiente müssen die Führungskräfte der Koalitionsfraktionen diesmal verzichten.

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