Trotzdem fühlt sich macher allein gelassen Solidarität im Kampf gegen die Pandemie

Rom/Peking/Moskau · Die Corona-Krise macht vieles möglich. Trotzdem fühlt sich mancher alleine gelassen, auch von der EU. Sehr aktiv ist dagegen China.

 Wegen der dramatischen Lage in Italien durch die Corona-Pandemie sendet Russland medizinische und personelle Hilfe. Hier wird ein Militärlastwagen in ein Frachtflugzeug verladen.

Wegen der dramatischen Lage in Italien durch die Corona-Pandemie sendet Russland medizinische und personelle Hilfe. Hier wird ein Militärlastwagen in ein Frachtflugzeug verladen.

Foto: dpa/Alexei Yereshko

Zu Dutzenden arbeiten inzwischen Ärzte aus Russland, China und Kuba in Italien. Sie wollen das Gesundheitssystem des Landes in der Corona-Krise vor dem Kollaps bewahren. Kliniken in Deutschland und der Schweiz nehmen Patienten aus Italien und Frankreich auf. „Europäische Solidarität rettet Leben“, schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Trotzdem fühlt sich mancher in der Krise alleine gelassen – auch von der EU. Der Schrecken der Pandemie führt zu Abschottung, hat vielerorts aber auch große internationale Solidarität ausgelöst.

Russland hilft medizinisch und personell. „From Russia with Love“ steht auf Flug- und Fahrzeugen des Verteidigungsministeriums mit zwei Herzen in den Flaggen Italiens und Russlands, die die Hilfe bringen. Dass Russlands Militär in einem Nato-Land agiert, ist angesichts der schweren Spannungen zwischen Moskau und dem Westen eine kleine Sensation. Als Teil der EU trägt auch Italien die Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt mit.

Der Kreml betont zwar, dass es hier keine Hintergedanken gebe. Aber gegen ein Ende der Sanktionen hätte in Moskau niemand etwas – auch weil die Rohstoffmacht wirtschaftlich angeschlagen ist. Russland engagiere sich in Italien vor allem auch, um eigene Erfahrungen im Kampf gegen das dort bisher kaum verbreitete Virus zu erhalten, sagt Generalleutnant Igor Kirillow. Dem Hilferuf aus Italien kam Kremlchef Wladimir Putin deshalb und wegen der großen Geste gerne nach.

In Europa ist Italien mit seinen 60 Millionen Einwohnern das am heftigsten von der Covid-19-Krankheit getroffene Land. Und sowohl Politik als auch viele Medien zeigten sich enttäuscht, als die Hilferufe aus Rom bei den Freunden in der EU zu verhallen schienen. Dass Deutschland – ähnlich wie Frankreich – Anfang März zeitweise Exportstopps für Material wie Atemschutzmasken, Schutzanzüge und -brillen verhängte, stieß in Italien auf Unverständnis. Diese Beschränkungen wurden dann nach EU-Intervention wieder gelockert.

Das Beispiel Italien ist aber nur eines von vielen. Auch andere Länder haben mehr oder weniger erfreuliche Erfahrungen gemacht mit Hilferufen.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sorgte mit seiner Kritik an der EU für Aufsehen und wandte sich verzweifelt dem „Bruder“ China zu. 249 Fälle hatte das Land – mit Ärzten am Limit. Er habe Staatschef Xi Jinping die jahrhundertelange Freundschaft mit dem kleinen Serbien versprochen im Gegenzug für Hilfe, sagte Vucic – und küsste die chinesische Fahne. „Die europäische Solidarität gibt es nicht“, kritisierte er. „Sie war ein Märchen.“ Deshalb habe er China um Hilfe gebeten.

Die Volksrepublik, wo das Virus in der Millionenmetropole Wuhan seinen Ursprung genommen hatte, nimmt inzwischen eine führende Rolle bei der globalen Hilfe ein. Wie Pekings Außenministerium am Wochenende mitteilte, wurden 82 Nationen Hilfslieferungen angeboten.

Neben der Italien-Hilfe wurden für die EU weitere zwei Millionen Masken angekündigt. Sehr aktiv ist auch der chinesische Milliardär Jack Ma. Der Gründer des Online-Händlers Alibaba hat ebenfalls Millionen Schutzmasken und andere Hilfsgüter in alle Welt verschicken lassen. „Es ist nicht länger eine Herausforderung, die ein Land alleine bewältigen kann. Wir sind jetzt alle gefordert“, sagte Ma.

China revanchiert sind mit den Lieferungen auch für massive Hilfen, die es aus anderen Ländern erhalten hat, als das Coronavirus sich in Wuhan verbreitete. Dutzende Länder, darunter auch Deutschland, lieferten medizinisches Equipment.

Tschechien schickte Anfang März ein Militärflugzeug mit fünf Tonnen kostenlosen medizinischen Hilfsgütern nach China. Die Initiative ging auf Präsident Milos Zeman zurück, der gute Beziehungen zu Peking pflegt. China revanchierte sich jetzt damit, dass es Material aus seinen Speichern für Tschechien freigab. Um Hilfslieferungen im eigentlichen Sinne handelt es sich aber nicht, denn die Regierung in Prag zahlt sowohl für den Transport als auch die medizinischen Güter.

Das EU-Land Litauen wiederum erhielt Zehntausende Schutzmasken und Handschuhe als Spende der chinesischen Handelskammer. „Unsere Situation ist jetzt stabiler und bessert sich, obwohl wir Ende Januar und Februar große Schmerzen hatten“, sagte Handelskammer-Chef Haonan Wang mit Blick auf China. Kritik gab es aus dem Baltikum aber an der Abschottung Polens, das seine Grenze zu den Nachbarn dicht machte. Viele Litauer, Esten und Letten strandeten zeitweilig an der deutsch-polnischen Grenze, konnten weder ein- noch durchreisen – und nicht nach Hause. „Schande über dich, Polen!“, schrieb in Estland die Tageszeitung Eesti Päevaleht.

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