Bundeskabinett verabschiedet Konjunkturpaket „Mit voller Kraft“ aus der Corona-Krise

Berlin · Das Bundeskabinett hat die Senkung der Mehrwertsteuer sowie Hilfen für Familien und Betriebe auf den Weg gebracht.

 Kurz nachdem das Bundeskabinett das Konjunkturpaket mit dem Kinderbonus von 300 Euro pro Kind beschlossen hatte, bekamen diese Kinder von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey vor dem Bundeskanzleramt Plüschtiere mit Mund- und Nasenschutzmaske als kleine Geschenke obendrauf.

Kurz nachdem das Bundeskabinett das Konjunkturpaket mit dem Kinderbonus von 300 Euro pro Kind beschlossen hatte, bekamen diese Kinder von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey vor dem Bundeskanzleramt Plüschtiere mit Mund- und Nasenschutzmaske als kleine Geschenke obendrauf.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Milliardenschwere Hilfen für Konsumenten, Familien und Unternehmen – gut eine Woche nach dem Grundsatzbeschluss zum Konjunkturpaket im Koalitionsausschuss hat das Bundeskabinett am Freitag auf einer Sondersitzung zentrale Elemente der Einigung auf den Weg gebracht. Die wichtigste Maßnahme, eine Senkung der Mehrwertsteuer, soll bereits ab Juli greifen.

„Wir wollen aus der Krise raus mit voller Kraft“, sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nach der Kabinettsentscheidung. Nach seinen Angaben war der Gesetzentwurf wegen der umfangreichen Detailarbeit erst in der Nacht zum Freitag fertiggestellt worden. Mit dem Konjunkturpaket will die Regierung es laut Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schaffen, „dass die Talsohle der konjunkturellen Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte durchschritten wird“. Das sind die konkreten Gesetzesmaßnahmen:

Mehrwertsteuer: Von der Senkung der Mehrwertsteuer erhofft sich die Bundesregierung eine spürbare Ankurbelung des Konsums und damit eine zügige Belebung der Wirtschaft. Diese Steuer wird praktisch auf alle Waren und Dienstleistungen fällig. Der allgemeine Satz sinkt zum 1. Juli von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent. Ausdrücklich ausgenommen sind Tabakwaren. Nach Darstellung von Scholz hatten die Hersteller darum gebeten, weil aus ihrer Sicht der Aufwand für eine neue Etikettierung der Packungen den Nutzen nicht gerechtfertigt hätte. Die reduzierte Mehrwertsteuer gilt ohnehin nur für ein halbes Jahr. Am 1. Januar 2021 sollen wieder die alten Konditionen greifen. Auf diese Weise will man die Konsumenten zum Vorziehen größerer Anschaffungen wie etwa Autos oder teurer Haushaltsgeräte animieren. In der Zwischenzeit gehen dem Staat rund 20 Milliarden Euro an Einnahmen verloren.

Kinderbonus: Speziell für Familien enthält der Gesetzentwurf eine Einmalzahlung von 300 Euro pro Kind. Die Auszahlung soll in zwei Raten zusammen mit dem Kindergeld im September und Oktober erfolgen. Und zwar ohne Anrechnung auf andere Sozialleistungen wie beispielsweise Hartz IV, den Unterhaltsvorschuss oder das Wohngeld. Insgesamt geht es um etwa 18 Millionen kindergeldberechtigte Kinder. Auch Kindern, die in diesem Jahr erst noch zu Welt kommen, steht der Bonus zu. Eltern mit höheren Einkommen, die vom Kinderfreibetrag mehr profitieren als vom Kindergeld, kommt er allerdings weniger bis gar nicht zugute. Denn dieses Geld wird dann mit dem Freibetrag verrechnet.

Für Alleinerziehende gibt es eine weitere Sonderregelung: In diesem und im nächsten Jahr steigt ihr sogenannter Entlastungsbetrag von 1908 auf 4008 Euro. Dadurch zahlen sie spürbar weniger Steuern. Laut Bundesfinanzministerium versteht sich diese Maßnahme als Anerkennung für die besonderen Einschränkungen, mit denen Alleinerziehende wegen der begrenzten Betreuungsmöglichkeiten aufgrund der Pandemie konfrontiert sind.

Unternehmen: Zur Stärkung von Firmen wird die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter wie Maschinen oder Betriebsfahrzeuge eingeführt. Allerdings nur für 2020 und 2021, um damit zügige Investitionen zu begünstigen. Eine weitere Maßnahme ist die Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags. Das soll die Liquidität von Unternehmen sichern.

Zugleich verabschiedete das Bundeskabinett Eckpunkte für Überbrückungshilfen, um Pleiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu verhindern, die ihren Geschäftsbetrieb wegen Corona teilweise oder ganz einstellen mussten. Von Juni bis August können demnach je nach Umsatzausfall bis zu 150 000 Euro an betrieblichen Fixkosten erstattet werden – anders als bei den ersten Soforthilfen aber nur nach genauer Prüfung. Gedacht ist das Geld zum Beispiel für Schausteller, Reisebüros oder Jugendherbergen.

Kosten: Die große Koalition hatte bereits Ende März einen Nachtragshaushalt im Umfang von 156 Milliarden Euro beschlossen. Das reicht aber für die aktuellen Maßnahmen nicht aus. Dazu ist ein zweiter Nachtragshaushalt nötig. In welchem Umfang, ließ Finanzminister Scholz gestern aber offen. Schätzungen gehen von etwa 50 Milliarden Euro aus. Dadurch würde sich der Bund in diesem Jahr insgesamt mit rund 210 Milliarden Euro verschulden. Der ursprünglich geplante Bundeshaushalt für 2020 sah Ausgaben von 362 Milliarden Euro vor – ohne neue Kredite.

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