Bundestag stellt Weichen für Abzug aus Afghanistan

Berlin. Nach gut neunjährigem Einsatz am Hindukusch hat die Bundeswehr erstmals eine Abzugsperspektive. Ende des Jahres kann die Rückführung der deutschen Truppen beginnen, wenn es die Lage erlaubt. Das beschloss der Bundestag am Freitag mit breiter Mehrheit in Berlin und verlängerte im neuen Isaf-Mandat zugleich den Militäreinsatz um ein weiteres Jahr bis Anfang 2012

Berlin. Nach gut neunjährigem Einsatz am Hindukusch hat die Bundeswehr erstmals eine Abzugsperspektive. Ende des Jahres kann die Rückführung der deutschen Truppen beginnen, wenn es die Lage erlaubt. Das beschloss der Bundestag am Freitag mit breiter Mehrheit in Berlin und verlängerte im neuen Isaf-Mandat zugleich den Militäreinsatz um ein weiteres Jahr bis Anfang 2012. Für den Antrag der Bundesregierung stimmten 419 Abgeordnete bei 116 Gegenstimmen und 43 Enthaltungen. Das entspricht einer Zustimmung von 72,5 Prozent. Sie fiel damit etwas geringer aus als noch bei der letzten Isaf-Mandatsentscheidung vom Februar, als 73,2 Prozent der Abgeordneten für eine Verlängerung stimmten.Alle 70 anwesenden Linke-Abgeordneten stimmten nach Bundestags-Angaben mit Nein. Bei den Grünen enthielten sich 34, dagegen votierten 22 und 9 waren dafür. Bei der SPD gab es 20 Nein-Stimmen, 8 Enthaltungen und 105 Ja-Stimmen, bei der CDU/CSU 4 Nein-Stimmen und bei der FDP eine Enthaltung. Die Mehrheit der Bundesbürger (59 Prozent) ist gegen den Einsatz, ergab das ZDF-Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zeigte sich zwar zuversichtlich, dass der Abzug in diesem Jahr beginnen kann, die Entscheidung müsse aber von der Lage abhängig gemacht werden. "Man kann nicht so weit in die Zukunft schauen." Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: "Wir werden in diesem Jahr mit der Rückführung der Präsenz der Bundeswehr zum Ende des Jahres beginnen. Deswegen ist diese Entscheidung des Bundestages eine wirkliche Zäsur." Der Termin Ende 2011 wurde auf Drängen von Westerwelle in das Mandat geschrieben. Guttenberg war ursprünglich skeptisch.

Die SPD dringt darauf, mit dem Abzug der ersten deutschen Soldaten in diesem Jahr zu beginnen. "Wer 2011 nicht anfängt, der wird auch 2014 noch da sein", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, forderte einen Abzug bis September. Er bezeichnete die Mission als gescheitert und setzte den Nato-Einsatz mit Terrorismus gleich. Dies kritisierte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, der der Regierung aber auch ein unklares Mandat vorwarf. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte Angela Merkel eine "kriegsführende Kanzlerin".

Bei einem Selbstmordanschlag in einem Supermarkt im Diplomatenviertel der afghanischen Hauptstadt Kabul wurden am Freitag mindestens neun Menschen getötet, darunter auch ein Kind. Ihre Nationalität war zunächst unklar. Nach ersten Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes in Berlin waren keine Deutschen betroffen. dapd/dpa

Am Rande

Gut sechs Monate nach dem Rückzug ihrer Soldaten aus Afghanistan haben die Niederlande eine neue Mission am Hindukusch beschlossen. Zur Ausbildung von Polizisten werden 545 Experten und Sicherungskräfte vor allem in der Provinz Kundus eingesetzt. Deutsche Soldaten sollen sie dort beschützen. Dem Plan stimmte das Parlament am Freitag zu. dpa

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