Präsident will Amtsenthebungsverfahren für Mobilisierung von Parteibasis nutzen Baldige Bescherung für Donald Trump?

Washington · Der Präsident will den Spieß umdrehen und das Verfahren zu seiner Amtsenthebung zur Mobilisierung der republikanischen Parteibasis nutzen.

 Während das US-Repräsentantenhaus für die Einleitung seines Amtsenthebungsverfahrens stimmt, zeigt sich Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Michigan auf weihnachtlich geschmückter Bühne und gibt sich siegesbewusst.

Während das US-Repräsentantenhaus für die Einleitung seines Amtsenthebungsverfahrens stimmt, zeigt sich Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Michigan auf weihnachtlich geschmückter Bühne und gibt sich siegesbewusst.

Foto: dpa/Evan Vucci

US-Präsident Donald Trump ist in Battle Creek gerade auf die Wahlkampfbühne getreten, als es 800 Kilometer entfernt zum Showdown kommt: Das Repräsentantenhaus in Washington stimmt zum Ende einer fast zwölfstündigen hitzigen Sitzung mit der Mehrheit der Demokraten für die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den republikanischen Präsidenten. Während Trumps Haussender Fox News links im Fernseh-Bild die Abstimmung im Plenum zeigt, ist rechts Trump auf der weihnachtlich geschmückten Bühne im Bundesstaat Michigan zu sehen. Als Trump seine Ansprache beendet, ist er der dritte Präsident in der Geschichte der USA, der sich einem Impeachment stellen muss.

Zwei Anklagepunkte beschließen die Abgeordneten am Mittwochabend: Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Repräsentantenhauses. Während der Abstimmungen spricht Trump in Battle Creek demonstrativ über Trivialeres – etwa über F-35-Kampfjetpiloten, die er getroffen habe und die besser aussähen als „Top Gun“-Star Tom Cruise. Und er nimmt Medien aufs Korn, denen er vorwirft, Umfragen zu fälschen. Doch auch wenn Trump sich äußerlich unbeeindruckt vom Impeachment zeigt („Ich habe eine gute Zeit“), so weiß er doch, dass das historische Votum die Bilanz seiner Präsidentschaft immer überschatten wird. Darauf reagiert er, wie er es immer tut, wenn er in die Enge getrieben wird: mit Gegenangriff.

Bei seiner zweistündigen kämpferischen Ansprache feuert er eine Breitseite nach der nächsten auf die Demokraten ab. „Heute Nacht versuchen die Demokraten im Repräsentantenhaus, die Stimmen von Dutzenden Millionen patriotischer Amerikaner zu annullieren“, wettert Trump. Sie sähen dabei aus „wie ein Haufen Idioten“. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses nennt er „Crazy Nancy Pelosi“, also verrückt. Sich selbst hingegen, das betont der Präsident immer wieder, habe er nichts vorzuwerfen: Er weist zurück, dass er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selinskyj unter Druck gesetzt habe, um seinem Konkurrenten Joe Biden von den Demokraten zu schaden, der ihn bei der Präsidentenwahl 2020 aus dem Amt drängen will.

Pelosi hatte sich noch im März gegen ein Amtsenthebungsverfahren ausgesprochen. Damals sagte sie der Washington Post: „Impeachment ist so spaltend für das Land, dass ich nicht denke, dass wir diesen Weg beschreiten sollten“ – außer, es gebe zwingende Gründe und überparteiliche Unterstützung dafür. Die Ukraine-Affäre war es, die Pelosi im September dann doch dazu bewog, Impeachment-Ermittlungen gegen Trump einzuleiten. „Er hat uns keine Wahl gelassen“, sagt sie am Mittwoch. Von überparteilicher Unterstützung gibt es allerdings keine Spur. Und ihre Sorge, dass ein Impeachment das Land noch weiter als ohnehin schon spalten würde, hat sich bewahrheitet.

In einer zu Wochenbeginn veröffentlichten Erhebung im Auftrag des Senders CNN sprachen sich 45 Prozent der Befragten dafür aus, Trump des Amtes zu entheben – 47 Prozent unterstützten das nicht. Beunruhigend für die Demokraten: Im Oktober und November hatte die Zahl der Befürworter noch bei 50 Prozent gelegen, die der Gegner bei 43 Prozent. Die Hoffnung der Demokraten, dass die live im Fernsehen übertragenen Zeugenanhörungen bei den Ermittlungen im Repräsentantenhaus mehr Menschen von der Notwendigkeit eines Impeachments überzeugen, hat sich demnach nicht bewahrheitet. Stattdessen haben Trumps – obgleich immer noch niedrige – Zustimmungswerte in den vergangenen Wochen sogar zugelegt.

Trumps Team nutzt das Impeachment, um Spenden für den Wahlkampf einzusammeln. Während der laufenden Debatte am Mittwoch schickt das Wahlkampfbüro in Trumps Namen eine Rundmail zum „Impeachment-Krieg“ an Unterstützer. „Ich möchte zwei Millionen Dollar vor der heutigen Abstimmung sammeln“, heißt es dort. „Denkt daran, das ist Krieg, und Amerikas Zukunft hängt davon ab, dass wir gewinnen.“ Trump hofft, dass das Impeachment seine Anhänger nicht nur ihre Geldbörse zücken lässt – sondern, dass es sie vor allem bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen im kommenden November zur Stimmabgabe motiviert.

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