Proteste gegen Rentenreform Paris-Tourismus leidet unter den Streiks

Paris · Die Proteste in Frankreich hinterlassen bereits Spuren. Die Regierung will dennoch an der umstrittenen Rentenreform festhalten.

Die Touristengruppe aus Japan ist enttäuscht. Am Dienstag stand als Höhepunkt ihres Besuches in Paris ein Ausflug auf den Eiffelturm auf dem Programm. Doch das Wahrzeichen ist geschlossen – es ist Streik in Frankreich, der 13. Tag in Folge. Am Dienstag haben die Gewerkschaften noch einmal zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Laut Innenministerium beteiligen sich in ganz Frankreich 615 000 Menschen. Die Gewerkschaften sprechen sogar von 1,8 Millionen. In Paris sollen es etwa 70 000 sein.

Wegen der Streiks fällt am Dienstag in Tausenden französischen Haushalten zeitweise der Strom aus – so etwa in Lyon oder Nantes. „Diese Stromausfälle sind mutwillig und hängen mit der aktuellen sozialen Bewegung zusammen“, so der Netzbetreiber RTE.

Protestiert wird gegen die Pläne der Regierung zur Reform des Rentensystems. Ziel ist es, das System zu vereinheitlichen und abschlagsfreie Altersbezüge erst ab 64 zu zahlen. Vor allem Angestellte des öffentlichen Sektors fürchten, dass sie erst später in Rente gehen können und dann auch noch weniger Geld erhalten. Lokführer stehen der Reform besonders kritisch gegenüber. Sie können derzeit schon mit deutlich unter 60 in Rente gehen. Ihre Gewerkschaft hat gedroht, auch über Weihnachten zu streiken. Seit rund zwei Wochen verkehren nur ein Viertel der Hochgeschwindigkeitszüge (TGV). Auch Krankenschwestern und Apotheker streikten am Dienstag. Krankenhäuser sprachen Zwangsverpflichtungen aus, um die wichtigsten Behandlungen sicherzustellen.

In Paris klagen vor allem Hoteliers und Restaurantbesitzer über den Verdienstausfall durch den Streik. „In den vergangenen Tagen hat sich die Situation dramatisch verschlechtert“, sagt Frank Delvau, Vize-Präsident der Union des Hotel- und Gaststättengewerbes in Paris. Lange hätten die Kunden noch abgewartet, doch angesichts der Drohung, den Streik zu verlängern hätten sich viele entschlossen, ihre Buchungen zu stornieren. Viele Touristen hätten abgesagt, es seien aber auch ganze Kongresse annulliert worden, was für ein Hotel ein sehr schwerer Schlag sei, sagt Frank Delvau. Die An- und Abreise mit der Bahn sei einfach nicht gesichert, so der Hotelmanager. Zudem ist in Paris der Nahverkehr praktisch zusammengebrochen.

Für Marcel Benezet ist die Situation eine Katastrophe. Für den Präsidenten der Vereinigung der unabhängigen Hoteliers ist auch kein Ende in Sicht. Rund um die Bahnhöfe in Paris seien die Buchungen regelrecht eingebrochen. „Manche verzeichnen Rückgänge zwischen 50 und 60 Prozent im Vergleich zum Dezember 2018“, sagt Benezet, und das sei damals wegen der gewalttätigen Proteste der Gelbwesten schon ein schlechter Monat gewesen. Was ihn beunruhigt ist, dass wegen der Streikdrohungen für Weihnachten und Neujahr auch keine neuen Reservierungen einlaufen würden. Inzwischen hat die Regierung für die Pariser Hotel- und Restaurantbetreiber Hilfsmaßnahmen angekündigt.

Die Regierung will an ihren Rentenplänen festhalten. Der Widerstand gegen das Vorhaben sei völlig legitim, sagt Ministerpräsident Edouard Philippe am Dienstag im Parlament. „Aber wir haben unser Projekt klar dargelegt, und meine Regierung ist fest entschlossen, das Rentensystem zu reformieren und den Haushalt des Rentensystems auszugleichen.“ Präsident Emmanuel Macron verweist auf andere europäische Länder, die das Renteneintrittsalter ebenfalls anheben, weil die Menschen immer älter werden. Er sagt, Frankreich müsse sich dieser Entwicklung anschließen.

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