Abgeordnete müssen zurück nach Berlin

Berlin · Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen müssen die Bundestagsabgeordneten ihre Sommerpause unterbrechen, die eigentlich noch bis Anfang September geht. An diesem Mittwoch soll das Parlament grünes Licht für ein drittes Griechenland-Hilfspaket geben. Auch die Kanzlerin wird deshalb ihren Terminplan ändern.

Am Samstagvormittag bekamen die 631 Volksvertreter elektronische Post von der Bundestagsverwaltung. Inhalt war eine "Amtliche Mitteilung" von Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU ). Demnach gilt schon ab morgen in Berlin Anwesenheitspflicht für die Abgeordneten. Die Plenarsitzung des Bundestages ist für Mittwoch neun Uhr einberufen. Am Vorabend um 19 Uhr kommen die Fraktionen von Union, SPD und Grünen zu Beratungen zusammen. Und davor wiederum werden der Haushaltsausschuss sowie die Ausschüsse für Wirtschaft und Europa zusammentreten, um sich mit der Griechenland-Materie zu befassen.

Wo sich ihre "Schäfchen" gerade befinden, vermag keiner der Fraktionsoberen derzeit mit letzter Bestimmtheit zu sagen. Eine breite Teilnahme an den außerordentlichen Beratungen gilt jedoch als gesichert. Schon am 17. Juli, als der Bundestag über die Aufnahme für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket abstimmte, war das Plenum rappelvoll. Dass die Abgeordneten innerhalb von fünf Wochen nun schon zum zweiten Mal ihren Sommerurlaub unterbrechen müssen, ist bislang einmalig in der Geschichte des Bundestages. Vor drei Jahren, am 19. Juli 2012, waren sie zusammentrommelt worden, um über Rettungsmaßnahmen für Spanien zu beraten. Am Ende gab es eine große Mehrheit für ein europäisches Hilfsprogramm zur Sanierung des spanischen Bankensektors. Auch jetzt herrscht kein Zweifel an einer deutlichen Zustimmung für neue Griechenland-Hilfen. Die spannende Frage bleibt allerdings, wie viele Abgeordnete aus der Union sich am Mittwoch verweigern werden, nachdem im vergangenen Monat bereits 65 von ihnen ausscherten und Fraktionschef Volker Kauder die Rebellen jüngst mit unverblümten Drohungen zu disziplinieren suchte.

Was eine Sondersitzung mitten in den Parlamentsferien kostet, mag nicht einmal der Bund der Steuerzahler beziffern. Dort hieß es nur: "Sicher kostet das, aber es gehört zum demokratischen Betrieb dazu." Verlässliche Zahlen sind ohnehin schwierig zu ermitteln. Bahnfahrten innerhalb Deutschlands zum Beispiel schlagen nicht zusätzlich zu Buche, denn der Bundestag bezahlt jedem Abgeordneten eine Jahreskarte. Wer indes zum Beispiel gerade in Florida urlaubt, dem erstattet die Reisekostenstelle des Parlaments die Rechnung für den Flug. So ist es im Abgeordnetengesetz geregelt. Bezahlt werden die Auslagen aus dem Haushaltstopf für Mandatsreisen, der in diesem Jahr mit 7,45 Millionen Euro gefüllt ist. Wer unentschuldigt fehlt, bekommt derweil 200 Euro von seiner Kostenpauschale für den laufenden Bürobetrieb abgezogen.

Auch Angela Merkel muss übrigens wegen der Griechenland-Rettung umdisponieren. Nicht, dass die Kanzlerin in der Ferne weilen würde. Schon seit der vergangenen Woche sitzt die Regierungschefin wieder an ihrem Berliner Schreibtisch. Aber wegen der anstehenden Fraktionssitzung wird eine ursprünglich für morgen geplante Dienstreise nach Mailand auf den heutigen Montag vorgezogen. Am Mittwoch will die CDU-Politikerin gemeinsam mit weiteren Kabinettsmitgliedern zu einem Staatsbesuch nach Brasilien aufbrechen. Wegen der Abstimmung im Bundestag wird ihr Flieger nun erst ein paar Stunden später in Berlin abheben.

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HintergrundVor der Sondersitzung zum Hilfspaket lobt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die griechische Führung und das Verhandlungsergebnis. Athen habe die Notwendigkeit "einschneidender" Reformen verstanden, sagte Schäuble. Griechenland soll bis zu 86 Milliarden Euro frischer Kredite erhalten; im Gegenzug verpflichtet sich Athen zu Reformen und Sparmaßnahmen. Das griechische Parlament stimmte den Auflagen in der Nacht zu Freitag zu, am Freitag billigten die Euro-Finanzminister das neue Programm. afp

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