Rätseln über Griechenland
Berlin. Vor der Bundestagsabstimmung über neue Griechenland-Hilfen schließt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein drittes Milliarden-Paket nicht aus. "Es gibt keine Garantien, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führt", heißt es in einem Schreiben Schäubles an die Bundestagsabgeordneten vor der Abstimmung am Montag
Berlin. Vor der Bundestagsabstimmung über neue Griechenland-Hilfen schließt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein drittes Milliarden-Paket nicht aus. "Es gibt keine Garantien, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führt", heißt es in einem Schreiben Schäubles an die Bundestagsabgeordneten vor der Abstimmung am Montag. "Es ist möglicherweise auch nicht das letzte Mal, dass sich der Deutsche Bundestag mit Finanzhilfen für Griechenland befassen muss." Nach Beratungen mit dem Haushaltsausschuss ergänzte Schäuble am Freitag, es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass nach Auslaufen des zweiten Griechenland-Pakets 2014 "weitere Anforderungen" bis zum Jahr 2020 kommen: "Es ist aber zu früh, darüber zu spekulieren."
"Verschleierungstaktik"
SPD und Grüne rechnen schon jetzt mit einem dritten Hilfsprogramm - möglicherweise von 50 Milliarden Euro. Sie warfen der Regierung zugleich Verschleierungstaktik vor. Grundsätzlich signalisierten SPD und Grüne aber Zustimmung. Dagegen lehnt die Linke auch schon dieses zweite Rettungspaket ab. Union und FDP rechnen trotz angekündigter Gegenstimmen aus den eigenen Reihen auch diesmal mit der symbolträchtigen Kanzlermehrheit. Nötig ist diese aber nicht. Der Bundestag soll an diesem Montag über das zweite Griechenland-Paket von 130 Milliarden Euro abstimmen. Bewilligt werden sollen zudem weitere 24,4 Milliarden Euro, die aus dem ersten Hilfspaket der Euro-Partner bisher nicht abgeflossen sind und die nun nicht verfallen. Vor der Bundestagsabstimmung gibt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag eine Regierungserklärung ab. Das Parlament stimmt dann über einen Antrag der Regierung für das zweite Paket ab, in dem auch Bedingungen für neue Athen-Hilfen genannt werden. Dies nahm der Haushaltsausschuss zur Kenntnis. Union und FDP wollen daneben einen Ergänzungs-Entschließungsantrag vorbereiten mit weiteren Vorgaben. Merkel (CDU) setzt indes auf einen Erfolg des von der griechischen Regierung beschlossenen Schuldenschnittes. "Wir verfolgen jetzt natürlich, dass die freiwillige Umschuldung gut abläuft und dann die Tranchen freigegeben werden können unter der Maßgabe, dass Griechenland seinen Verpflichtungen nachkommt", sagte die Kanzlerin am Freitag.
Mit Unmut haben unterdessen Abgeordnete des Haushalts- und Europaausschusses im Bundestag fraktionsübergreifend auf die Unterlagen reagiert, die ihnen vom Finanzministerium in die laufenden Beratungen zum Griechenland-Rettungspaket übermittelt wurden. So bekamen beide Gremien statt der von ihnen verlangten Schuldentragfähigkeitsanalyse von Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) lediglich eine Tabelle zugemailt, die aus fünf Daten besteht: erwarteter Schuldenstand Griechenlands nach dem Rettungspaket 128,6 Prozent vom BIP, abzüglich drei weitere Maßnahmen, darunter der Schuldenschnitt, ergibt einen künftigen Schuldenstand von 120,5 Prozent. Das Papier liegt unserer Zeitung vor.
Kampeter schrieb, diese Tabelle bestätige "dass das Ziel eines Schuldenstandes im Jahr 2020 von nahe 120 Prozent erreicht wird". Eine vollständige Schuldentragfähigkeitsanalyse werde es von der Troika erst nach dem Anleihetausch geben. Das wäre im März. Die Schuldentragfähigkeitsanalyse soll darstellen, ob die Maßnahmen Griechenlands Schuldenstand so weiter herunterbringen können, dass das Land wieder marktfähig wird - oder ob sie in ein Fass ohne Boden gehen.
Schlüsseldokument fehlt
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte zu dem Schreiben Kampeters: "Das ist ein Witz. Diese Tabelle behauptet das, was sie beweisen müsste." Damit fehle den Beratungen das wichtigste Dokument. Auch der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU), sagte, dass "ein Schlüsseldokument" fehle. "Im Moment wissen wir nicht, auf welcher Grundlage wir entscheiden können."