Europol Ein kleiner Durchbruch in schwierigen Zeiten

Meinung · Was hat der Zigarettenschmuggel mit dem Bau neuer Straßen in den ländlichen Regionen Europas zu tun? Viel. Denn alleine die rund eine Milliarde Euro, die dem deutschen Fiskus pro Jahr entgehen, schlagen bis auf die EU durch. Entgangene Steuereinnahmen schmälern den Etat der Union. Sie fehlen, wenn weniger entwickelte Landstriche aufgebaut oder Katastrophenhilfe geleistet werden soll. Bisherige Versuche, die diversen Staatsanwaltschaften der Mitgliedstaaten effizienter zusammenzuführen, scheiterten an umständlichen bürokratischen Verfahren. 2020 startet jetzt die Europäische Staatsanwaltschaft. Es könnte ein Durchbruch werden.

ÜS
Foto: SZ/Robby Lorenz

Das Prinzip einer Koordinationsstelle zur Ermittlungen von Straftaten hat sich bei der Polizeiarbeit bewährt. Europol war nie ein europäisches FBI, auch wenn zahlreiche Politiker dies gerne gesehen hätten. Aber die Unterstützung und Zusammenführung der Polizeiarbeit in den Mitgliedstaaten hat zahlreiche Schläge gegen die Organisierte Kriminalität, gegen Kinderporno-Ringe und sogar Terroristen möglich gemacht. Die Konstruktion, die nun für die Staatsanwaltschaft übernommen wurde, erscheint also vielversprechend.

Dennoch bleibt die gestern vom EU-Parlament verabschiedete Lösung unbefriedigend. Vor allem deshalb, weil acht Staaten nicht dabei sind – darunter die Niederlande mit dem so wichtigen Zollhafen Rotterdam. Darunter auch Malta und Irland, die mit dubiosen Steuerpraktiken immer wieder von sich reden machen. Polen als Tor zum Osten wäre ebenso wichtig gewesen wie Schweden. Doch nicht einmal in dieser für Europa so wichtigen Frage wollten diese Staaten ihre Animositäten mit Brüssel überwinden. Als ob Warschau, Stockholm oder Valletta in der Lage wären, alleine gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen. So viel Ignoranz oder politische Kurzsichtigkeit bei einem für die innere Sicherheit zentralen Thema sind schlicht unverständlich. Zumal die neue EU-Behörde den nationalen Ermittlern nichts wegnehmen, sondern deren Arbeit nur noch wirkungsvoller machen soll.

Natürlich ist das erst ein Anfang. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat in seiner vielbeachteten Rede über die Union bereits den Blick in die Zukunft gewagt: Terror und andere Formen der Kriminalität kennen keine Grenzen mehr. Da macht es also Sinn, auch ein europäisches Strafverfolgungsinstrument zu haben, das für den Austausch der Informationen sorgt. Es wäre für alle Beteiligten an der jetzigen Lösung ein Leichtes gewesen, sich am Europol-Beispiel zu orientieren. Auch die Polizeizentrale hat als kleine Einheit begonnen. Es hat gedauert, ehe die Regierungen eingesehen haben, dass man die immer raffinierter agierenden Verbrecher-Zirkel besser gemeinsam ins Visier nimmt. Den Aufgabenkatalog von Europol hat man so richtigerweise immer mehr erweitert. Bei der Europäischen Staatsanwaltschaft wäre dies ebenso angebracht gewesen. Aber in der ohnehin zerstrittenen EU muss man ja derzeit schon froh sein, wenn wenigstens mal ein Anfang gemacht wurde.

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