Die Lektion Griechenland

Meinung · Die Klemme, in der Europa angeblich steckt, gibt es nicht. Natürlich hat Griechenland mit einer fast unverfrorenen Rücksichtslosigkeit Staatsschulden angehäuft und sich um Reform-Appelle einen Dreck gekümmert. Deshalb ist die Lage zwar schwierig, aber nicht hoffnungslos

Die Klemme, in der Europa angeblich steckt, gibt es nicht. Natürlich hat Griechenland mit einer fast unverfrorenen Rücksichtslosigkeit Staatsschulden angehäuft und sich um Reform-Appelle einen Dreck gekümmert. Deshalb ist die Lage zwar schwierig, aber nicht hoffnungslos. Die internationalen Rating-Agenturen stuften die Vertrauenswürdigkeit des Landes herab, am Banken- und Finanzwesen aber gibt es keine Kritik.Der Druck auf die EU kommt also von den Märkten, die auf ein Signal hoffen. Bei diesem Zeichen aber geht es vor allem darum, dass Griechenland wieder Vertrauen gewinnt. Das jedoch gewinnt man nicht, indem man eigene Defizite von seinen Euro-Freunden füllen lässt, sondern indem die Regierung in Athen deutlich macht, dass sie Reformen anpackt und vor allem politisch durchsetzen kann. Genau daran hapert es.Der Sondergipfel heute in Brüssel muss deshalb zwei Dinge leisten. Zum einen ist die Union richtig beraten, von den Griechen äußerste Konsequenz beim Umsetzen der Sparbemühungen einzufordern. Das hat wenig mit mangelnder Solidarität, aber viel mit dem Zeichen an die Finanzmärkte zu tun: Griechenland ist nicht verloren - es verdient sogar das Vertrauen der Anleger, weil es reformfähig ist. Zum zweiten aber sollten die Staats- und Regierungschefs klarmachen, dass sie Athen unterstützen. Sicher nicht mit Milliardenspritzen, die irgendwo in Löchern des Staatshaushalts versickern. Was das Land braucht, ist eine Euro-Zone, die stabil bleibt und nicht aufgescheucht das ganze Währungssystem in Gefahr bringt. So seltsam es also klingen mag: Man hilft Griechenland vor allem dadurch, dass man es seine Probleme tatsächlich alleine lösen lässt.Diese Rückendeckung braucht Regierungschef Giorgos Papandreou mehr als alles andere, um seinen Landsleuten zu zeigen: Er fordert Opfer nicht aus parteipolitischem Kalkül, sondern um das Land wieder auf die Beine zu bringen. Die bereits rollende Welle des Widerstands richtet sich nämlich gar nicht so sehr gegen die scharfen Einschnitte bei den öffentlich Bediensteten. Die Griechen wollen lediglich die Garantie, dass alle gleichermaßen von den Kürzungen betroffen sind. Das ist ein gewaltiger Unterschied, vor allem einer, der die EU in eine besonders verantwortungsvolle Rolle bringt. Dass die übrigen Euro-Europäer Angst um ihr stabiles Geld haben, ist nachvollziehbar. Aber die Gemeinschaftswährung rettet man nicht durch windige Garantien, sondern dadurch, dass man die Reformfähigkeit eines oder (am besten) aller betroffenen Länder dokumentiert. Die "Lektion Griechenland" sollte man in Madrid und Portugal genau studieren. Dann ist der Euro wirklich nicht in Gefahr.

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