Der IS-Terror schweißt die Mächtigen zusammen

Belek · Die Signale sind so stark und einmütig wie selten. Die blutigen Anschläge der Terrormiliz Islamischer Staat in Paris haben die Mächtigen der Welt beim G20-Gipfel in der Türkei so eng zusammengeschweißt, wie sie es seit der Gründung des Formats vor sieben Jahren wohl nie waren.

"Wir sind stärker als der Terrorismus", sagt Kanzlerin Angela Merkel auch am Montag zum Abschluss des Treffens wieder. Es hört sich so an wie ihr Mantra in der Flüchtlingskrise: "Wir schaffen das." Syrien-Krieg, Terror, Flüchtlinge - ein dramatischer Dreiklang, der Europa und die ganze Welt erfasst hat. Doch Signale sind noch keine Taten.

Zwar haben sich die Staats- und Regierungschefs von 19 wichtigen Industrie- und Schwellenländern sowie die EU-Spitze darauf geeinigt, dass die Geheimdienste stärker zusammenarbeiten und Finanzströme von Terroristen ausgetrocknet werden sollen. Außerdem sollen Kämpfer aus eigenen Ländern ins Visier genommen werden, die sich etwa in Syrien ausbilden lassen. Doch verspricht das wirklich Erfolg? Allein in Deutschland sind von ehemals nach Syrien und in den Irak ausgereisten 750 Islamisten 250 wieder zurück. Sicherheitsbehörden beklagen, sie hätten nicht genug Personal, um sie zu beobachten. Und was ist mit Militärschlägen? Werden die Nato-Partner Frankreich jetzt bei Luftangriffen gegen den IS unterstützen? Könnte es ein UN-Mandat für einen Syrien-Einsatz geben?

Alles offen. So sagt auch Merkel nicht, ob auf die Bundeswehr ein Einsatz zukommen könnte. Viele Menschen haben Angst, dass es zu einem Krieg kommt, der die Welt überzieht und von Terroristen mit asymmetrischen Mitteln geführt wird. Wie in Paris: Selbstmordattentate auf Bürger.

Bei der Pressekonferenz von Barack Obama kurz nach dem G20-Gipfel drehen sich fast alle Fragen darum, wie der US-Präsident im Licht der Anschläge sein militärisches Vorgehen gegen den IS ändern will. Obama schließt einen großangelegten Einsatz von US-Bodentruppen aus. Soldaten könnten zwar Gelände zurückgewinnen, sagt er, den Nährboden könnten sie dem IS aber nicht entziehen.

Obama, der Kanzlerin und vielen anderen Spitzenpolitikern ist neben der Kampfansage an die Terroristen noch dies wichtig: Flüchtlinge dürfen nicht unter generellen Terrorverdacht gestellt werden. Merkel mahnt immer wieder, dass die Welt Verantwortung für Flüchtlinge übernehmen müsse. Für die Verletzten, Verzweifelten, Erschöpften. Obama lobte Merkel ausdrücklich für ihre "mutige Haltung" in der Flüchtlingskrise.

Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bot der perfekt geplante G20-Gipfel eine einmalige Bühne: Händeschütteln mit Obama, ein Plausch mit Merkel - der oft grimmig wirkende Gastgeber fühlte sich sichtlich wohl in seiner prominenten Rolle. Erdogan stand im Rampenlicht - und nicht etwa Ministerpräsident Ahmet Davutoglu . Bilaterale Treffen mit Staats- und Regierungschefs , Ansprachen vor Wirtschaftsführern, die Eröffnungsrede und die Abschluss-Pressekonferenz: Erdogan machte auch beim Gipfel klar, wer die Geschicke der Türkei lenkt.

Den übernächsten G20-Gipfel wird 2017, im Jahr der Bundestagswahl, Deutschland ausrichten. Das gab Merkel gestern bekannt. Ort und Zeit stünden noch nicht fest, sagte sie. Im kommenden Jahr treffen sich die G20 im chinesischen Hangzhou.

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