Saarlandmuseum Fäden, Farbe und sehr viel Geduld
Saarbrücken · Im neuen Pavillon des Saarlandmuseums in Saarbrücken wird seit vier Wochen intensiv gearbeitet: Dort entsteht zur Eröffnung eine spektakuläre Groß-Installation der US-amerikanischen Künstlerin Pae White.
Geschäftig und zuweilen laut geht es zurzeit im Atrium des Erweiterungsbaus des Saarlandmuseums zu. Gleich drei Hebebühnen braucht das sechsköpfige Aufbauteam, um in bis zu 13 Metern Höhe spezielle Ösen in die Wände zu drehen, um daran Tausende von Fäden nach einem genauen Plan über den Raum und an den Wänden zu spannen. 6000 Löcher sind schon gebohrt, 56 Kilometer Wolle „verbaut“, erklärt Jay Yan, der Assistent von Pae White, der den Aufbau der komplexen Groß-Installation im Herzen des neuen Baus und im angrenzenden, ebenfalls riesigen Raum leitet.
Seit acht Jahren arbeitet Yan als Assistent der kalifornischen Künstlerin und Grafik-Designerin. Gestern steht er im Klettergurt auf der Hebebühne in zehn Metern Höhe und gibt dem Aufbau-Team genaue Anweisungen, wie denn nun die bunten Fäden zu spannen sind, damit sie eine riesige begehbare, dreidimensionale Installation ergeben, die über die Balkone des Baus aus dem Raum herausgreift. „Eigentlich bin ich nicht schwindelfrei“, lacht der Mann aus Los Angeles, der bereits seit vier Wochen vor Ort jeden Tag im Museum arbeitet.
Wie entsteht ein solches Kunstwerk? „Ich habe zusammen mit Pae White am Computer ein Model programmiert, nachdem wir uns den Raum Ende vergangenen Jahres angeschaut hatten“, erklärt er. Rund 5000 Variationen der Installation seien digital generiert worden. Es entstünden dabei „glückliche Unfälle“, wenn das Programm zum Beispiel grafische Elemente zufällig übereinanderlegt, die dann ganz neue Situationen ergeben, beschreibt Yan die Vorgehensweise. „Aus den tausenden Möglichkeiten hat Pae White dann diejenige herausgesucht, die wir hier gerade aufbauen“. Sie ist inspiriert von der kalifornischen Vorzeige-Siedlung „Sea Ranch“, die in den 1960er Jahren im Einklang mit der Natur entwickelt wurde und architektonisch neue Maßstäbe setzte. Einige grafische Elemente, die für die Siedlung entwickelt wurden, hat Pae White für Saarbrücken aufgegriffen. Grafische Elemente (so genannte Supergrafics) ziehen sich über die ganze Höhe der Wände, bunte, kräftige Farben sind im Einsatz. Schwarz-weiß-Muster gliedern den Raum. Alles hat man irgendwie schon mal gesehen, doch hier wird es neu und einzigartig zusammengesetzt.
Es sei die größte und höchste Installation dieser Art, die Pae White jemals geschaffen habe, bemerkt Museums-Chef Roland Mönig sichtlich stolz auf seinen Coup. 2014 habe er die Künstlerin kontaktiert. 2015 besuchte sie dann den Rohbau. „Da hatten die Bauarbeiten gerade erst wieder begonnen. Trotzdem hat sie sich auf das Projekt eingelassen“, freut er sich. Für das neue Museum soll diese Installation eine Visitenkarte sein – und ein Vorgeschmack auf das, was in diesem Atrium, das ja ursprünglich als Eingangshalle geplant war, künstlerisch möglich ist.
Pae White, die in Los Angeles lebt, ist weltweit gefragt, ihre Skulpturen und Installationen – sinnlich erfahrbare Mischungen aus Kunst, Grafik und Design – zeigen renommierte Museen wie das Art Institute of Chicago, die Langen Foundation in Neuss oder das Wiener Museum für angewandte Kunst. Sie hat an zwei Biennalen in Venedig teilgenommen, einen spektakulären Theatervorhang für die neue Osloer Oper kreiert und war Teilnehmerin der Skulptur Projekte in Münster 2007 (die zurzeit wieder laufen), um nur einige ihrer Projekte zu nennen.
Dass Saarbrücken nun auf ihrer Ausstellungsliste stehen wird, freut Mönig umso mehr. Man habe eben einen spektakulären Raum anbieten können – und noch dazu viele Wochen ungestörter Installationszeit, die es im laufenden Museumsbetrieb normalerweise kaum gibt. „Pae White ist eine der spannendsten Künstlerinnen weltweit. Sie ist eine Magierin, was die Gestaltung von Räumen betrifft. Das ganze Register ihrer Kunst wird hier ausgespielt“, schwärmt Roland Mönig.
Auch wenn die Installation noch nicht fertig ist – die ersten Eindrücke sind vielversprechend. Die Besucher erwartet ein Feuerwerk an Formen und Farben in einem begehbaren Kunstwerk, das in enger Beziehung zu diesem ganz speziellen Raum steht und ganz neue Perspektiven zulässt.
Wiedereröffnet wird das Saarlandmuseum am 17. November.