Gericht kippt Veröffentlichung von Agrarhilfen

Brüssel/Luxemburg. Die britische Königin und ihr Sohn Charles bekamen im vorigen Jahr 1,1 Millionen Euro an Subventionen aus dem Agrarhaushalt der EU, die Fürstin Gloria von Thurn und Taxis erhielt eine Million Euro. Künftig könnten Umfang und Höhe der EU-Gelder wieder geheim bleiben

Brüssel/Luxemburg. Die britische Königin und ihr Sohn Charles bekamen im vorigen Jahr 1,1 Millionen Euro an Subventionen aus dem Agrarhaushalt der EU, die Fürstin Gloria von Thurn und Taxis erhielt eine Million Euro. Künftig könnten Umfang und Höhe der EU-Gelder wieder geheim bleiben. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Veröffentlichung der Daten vorerst gestoppt und damit den Klagen der deutschen Landwirte Volker und Markus Schecke sowie Hartmut Eifert stattgegeben. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ließ die Auflistung der Zahlungen im Internet umgehend sperren. "Die rechtliche Situation ist eindeutig", hatte vor einem Jahr die damalige Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel noch die größere Transparenz verteidigt. Ein Irrtum. Zwar bestätigten auch die Luxemburger Richter, dass in "einer demokratischen Gesellschaft die Steuerzahler Anspruch darauf haben, über die Verwendung der öffentlichen Gelder informiert zu werden". Dem stehe jedoch die "Achtung des Privatlebens" und damit auch persönlicher Daten entgegen. Im konkreten Fall werde dagegen vor allem deswegen verstoßen, weil die Subventionen einfach auf der Internetseite www.agrar-fischerei-zahlungen.de aufgelistet wurden, aber "ohne dass nach Bezugsdauer, Häufigkeit oder Art und Umfang der erhaltenen Beihilfen unterschieden wird". Durch diese Unterlassung komme es zu einem "unverhältnismäßigen" Verstoß gegen das Grundrecht auf Datenschutz. Die Veröffentlichung muss nun entweder beendet oder nachgebessert werden. Die Zahlungen dürfen nur dann für jedermann einsehbar sein, wenn Bezugsdauer, Häufigkeit und Art der Zahlungen und ergänzt und die Notwendigkeit der Namensnennung geprüft würde (Az.: C-92/09 und C-93/09). Die Veröffentlichung aller Subventionsempfänger war lange umstritten. Der Freistaat Bayern hatte sich erst Monate nach dem Start des Projekts unter Androhung von bis zu 700 000 Euro Strafe pro Tag bereit erklärt, die Daten zu veröffentlichen. Vom großen Einblick konnte trotzdem keine Rede sein. Zwar erfuhr die Republik, dass knapp 200 Betriebe in Deutschland mehr als eine Million Euro an Zuschüssen pro Jahr kassierten. Spitzenreiter war 2009 die Bremer Nordmilch AG, die 51,1 Millionen Euro erhielt. Dennoch gab es immer ein Ungleichgewicht. Während bäuerliche Familienbetriebe mit vollem Namen, Adresse und Summe genannt wurden, blieben die Zuliefer-Betriebe großer Konzerne, etwa der Lufthansa, weitgehend anonym. Die EU-Kommission will trotz des Urteils weiter der Transparenz verpflichtet bleiben: "Wir möchten nach wie vor gerne deutlich machen, was mit dem Geld der Steuerzahler passiert", sagte ein Sprecher.Meinung

Transparenz mit Mängeln

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes Allzu große Erkenntnisse konnte "der" Steuerzahler aus der Offenlegung der Agrar-Beihilfen nie ziehen. Zu sperrig und undurchsichtig war die Datenbank mit den Subventionsempfängern. Trotzdem war die Veröffentlichung richtig, wenn auch zu ungenau. In diese Wunde haben die EU-Richter nun den Finger gelegt: Wenn man schon sagen will, wer wie viel Geld bekommt, muss man auch sagen, wofür, wie lange und wozu. Ansonsten darf der namentlich Genannte sich mit Recht ärgern. Wenn die EU schon Transparenz erzwingt, dann auch bitte rechtlich sauber. Was hier praktiziert wurde, war ein Bauernopfer. Das konnte nicht gutgehen.

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