Blauäugig in die Existenzgründung

Saarlouis · Der Europaverband der Selbstständigen Deutschland (ESD) warnt Existenzgründer davor, sich zu leichtfertig in die berufliche Selbstständigkeit zu stürzen. Außerdem tue die Politik zu wenig für diese Menschen.

 Viele Selbstständige schlagen sich als Ein-Mann-Unternehmer durch. Foto: Fotolia

Viele Selbstständige schlagen sich als Ein-Mann-Unternehmer durch. Foto: Fotolia

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Für Klaus B. (Name geändert) aus Saarbrücken begann der Sprung ins kalte Wasser der beruflichen Selbstständigkeit mit einem harten Aufschlag. Der Firmenberater in Sachen Software-Installation und IT-Netzwerke gründete vor zehn Jahren seine Ein-Mann-Firma. "Am Anfang war Klinkenputzen angesagt", erinnert er sich. "Geld kam kaum rein, mein Erspartes war rasch aufgebraucht." Schlaflose Nächte, selbst auferlegte Urlaubssperre, Konsumverzicht "und die ständige Angst, dass mir als Alleinverdiener etwas passieren könnte", prägten den Alltag. Heute sieht Klaus B. die Sache etwas entspannter. Er hat einen breiten Kundenkreis. Seine BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung), die die Ertragslage und die Bonität während des laufenden Finanzjahres widerspiegelt, "ist so, dass die Banken zufrieden sind". Im Rückblick hält er die Entscheidung, als Existenzgründer sein berufliches Glück zu versuchen, für richtig. "Aber es ist längst nicht jeder dazu geschaffen, Unternehmer zu werden", weiß er heute.

Auch Kuni Ludwig Both, Präsident des Europaverbandes der Selbstständigen Deutschland (ESD), warnt davor, ohne gründliche Vorbereitung den Weg in die eigene Firmengründung einzuschlagen. "Existenzgründer müssen ihre soziale Absicherung alleine stemmen", mahnt der Saarlouiser. Dazu gehöre neben der Kranken- und Pflegeversicherung auch die Absicherung fürs Alter. "Dafür bleibt oft kein Geld übrig."

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie der Postbank, die auf einer Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach basiert. Danach verfügen 26 Prozent der Selbstständigen und Freiberufler bislang über keine private Altersvorsorge. Jeder Vierte stuft seine finanzielle Vorsorge als "nicht ausreichend" ein. Den Allensbach-Zahlen zufolge verfügen ein Fünftel der Selbstständigen-Haushalte über weniger als 2500 Euro im Monat.

In die gleiche Kerbe schlägt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach hatten im Jahr 2012 mehr als eine Million Selbstständige einen Stundenlohn unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro erwirtschaftet (wir berichteten). "Viele Jungunternehmer haben auch nicht die Zeit, sich über die Altersvorsorge Gedanken zu machen", weiß ESD-Geschäftsführer Timo Lehberger. "Ihr ganzer Arbeitseinsatz gilt dem Betrieb." Von der Politik fordert der Verband, dass bei Investitionsrücklagen die Steuern gestundet werden sollen. "Die jungen Unternehmer müssen die Möglichkeit haben, dass sie Eigenkapital bilden können", sagt Both. "Nur dann sind sie in der Lage, die erste Durststrecke zu überstehen." Die Hälfte der Existenzgründer würden in den ersten sechs Jahren aufgeben.

Rat kann man sich auch bei saar.is (vormals ZPT) holen. Silja Weissmüller aus dem Bereich Gründerqualifizierung berät dort junge Unternehmer, wie sie einen Businessplan erstellen und weiterentwickeln oder wie sie ihre BWA in den Griff bekommen, damit die Banken nicht den Geldhahn zudrehen.

Kontakt: lehberger@esd-ev.de; silja.weissmueller@zpt.de

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