Angriff auf unser Herz

Es gibt kein Vertun, das ist der befürchtete erste schwere Anschlag in Deutschland. Der erste gelungene. Es ist Nizza in Berlin, Terrorismus gegen Menschen, die sich auf Weihnachten freuen, unter der Gedächtniskirche. Ein Angriff auf das deutsche Friedenssymbol und das friedlichste Fest zugleich. Bei all ihrem Fanatismus wissen die Terroristen trotzdem immer noch genau, wie sie die perfideste Botschaft senden können. Sie lautet: Wir greifen euch in euren Zentren und eure Kultur im Herzen an. Niemand von euch ist sicher.

Sie haben unseren Gesellschaften den Krieg erklärt, nicht wir ihnen. Ganz sicher haben die zufälligen Opfer ihnen nichts getan. Die Täter sind Verrannte, die niemand mehr ansprechen kann. Man muss sie entschlossen bekämpfen, aufspüren, einsperren. Die erste Konsequenz aus dem Geschehen ist: Deutschland muss sich mit noch größerer Entschlossenheit am internationalen Kampf gegen den Terrorismus beteiligen. Im Inland genauso wie im Ausland. Es muss seine Sicherheitskräfte bestens organisieren und bewaffnen. Es muss diesen Krieg annehmen.

Vor den Pariser Lokalen, die im vorletzten Herbst angegriffen worden waren, saßen im Sommer wieder die Gäste, als sei nichts gewesen. In Israel geht, kaum dass die Ermittlungsteams abgezogen sind, das Leben an den Anschlagsorten weiter. Auch wir dürfen unseren Alltag nicht mehr als absolut notwendig von den Terroristen prägen lassen. Nicht vor einem Anschlag, nicht nach einem Anschlag. Diese Verrückten werden nicht Geschichte schreiben. Ohnehin kann man weiche Ziele nicht schützen, nicht Konzerte, Einkaufszonen, Veranstaltungen, Feste. Und wenn man es versucht, werden sie hart. Dann werden Feste zu Festungen. Es bedeutet nicht, dass man nicht alles Zumutbare versuchen muss, um die Sicherheit zu vergrößern. Aber nichts, was unsere Lebensweise fundamental verändert. Wir dürfen den Terror nicht wirklich an unsere Kultur heranlassen. Mag ein entführter Lastwagen brachial in einen Weihnachtsmarkt eindringen können, mehr als diese 50 Meter, mehr als diesen schrecklichen Moment kurz vor Weihnachten 2016 darf er nicht bekommen.

Vor allem darf der Hass nicht auch in unsere Seelen dringen. Man darf Wut haben, auf den Täter und seine Hintermänner. Das ist nach Berlin mehr als berechtigt. Aber selbst wenn es doch ein Flüchtling wäre, besagt das nicht, dass alle Flüchtlinge so sind oder auch nur ein nennenswerter Teil von ihnen. Es besagt vor allen Dingen nicht, dass die Flüchtlinge nicht weiterhin unsere Hilfe brauchen, weil sie selbst Opfer von Krieg und Terror sind. Es wäre ebenso bösartig wie der Terror selbst, diese inhumane Tat der Humanität anzulasten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort