Reiserecht Außergewöhnliche Umstände gibt es auch ohne Reisewarnung

Frankfurt/Saarbrücken · Wer wegen Corona schon vor der weltweiten Reisewarnung einen Urlaub storniert hat, bekommt laut einem neuen Urteil den vollen Preis zurück.

  In Italien füllen sich langsam wieder die Strände. Zu Beginn der Krise war das Land jedoch besonders stark von Corona betroffen. 

In Italien füllen sich langsam wieder die Strände. Zu Beginn der Krise war das Land jedoch besonders stark von Corona betroffen. 

Foto: dpa/Fabio Sasso

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit einem jüngst veröffentlichten Urteil (Az.: 32 C 2136/20) die Rechte von Reisenden in der Corona-Krise gestärkt. Darin heißt es, dass Verbraucher, die wegen der derzeitigen Infektionsgefahr eine Reise von sich aus storniert haben, unter Umständen auch ohne vorliegende Reisewarnung den vollen Preis vom Veranstalter zurückbekommen.

Im verhandelten Fall hatte der Kläger am 7. März eine für den 14. April geplante Reise auf die italienische Insel Ischia storniert und dabei die außergewöhnlichen Umstände in Italien und eine Erkrankung als Grund genannt. Er bat den Veranstalter, auf die Stornogebühr in Höhe von 25 Prozent des Reisepreises zu verzichten. Dieser bestand allerdings auf die Entschädigung mit dem Hinweis, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorlag.

Das Gericht urteilte für den Reisenden: Entscheidend sei nicht die Reisewarnung, sondern vielmehr wann der Urlauber zurückgetreten ist und ob zu diesem Zeitpunkt bereits außergewöhnliche Umstände vorlagen. Für die Annahme genüge eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus. Im verhandelten Fall sei dies zum Zeitpunkt der Reisestornierung für ganz Italien der Fall gewesen, so das Gericht in der Urteilsbegründung.

Juristin Eva Ludwig von der Verbraucherzentrale des Saarlandes begrüßt die Entscheidung. „Das Urteil ist gut für alle Verbraucher. Es bestätigt, dass die Praxis der Veranstalter, nur auf die Reisewarnung abzustellen, nicht in Ordnung ist. Die Reisewarnung ist nur ein Indiz von mehreren“, sagt Ludwig.

Sie rät Verbrauchern, die in ähnlichen Fällen Stornierungsgebühren tragen mussten, mit dem Urteil nochmals an den Reiseveranstalter heranzutreten. Vor allem für Reisen, die im März, April und Mai geplant waren, könne das unter Umständen zum Erfolg führen.

Ludwig warnt allerdings davor, das Urteil zum Anlass zu nehmen, schon jetzt geplante Reisen im November oder Dezember zu stornieren. Bei einem übereilten Rücktritt zu einem Zeitpunkt, zu dem das Risiko noch nicht einschätzbar sei, könnte der Veranstalter weiter auf die Gebühren bestehen.

Bei weiteren Fragen können sich Urlauber an die Verbraucherzentralen wenden.

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