Auf Knopfdruck wird der Sportwagen zur Sänfte
Lausitzring/Klettwitz · Porsche ist mit der zweiten Generation seiner Sport-Luxus-Limousine Panamera in die Vollen gegangen. Die Spreizung zwischen Dynamik und Komfort ist deutlich gewachsen. Wie gut der Panamera neben „bequem“ auch „sauschnell“ beherrscht, erfuhren wir hautnah am Lausitzring.
"Wir wollen in jedem Segment die besten sein." Der Anspruch, den Fahrdynamik-Spezialist Armin Köpcke formuliert, klingt vollmundig. Er dreht gerade mit dem neuen Porsche Panamera einige Runden auf dem Handlingkurs des Lausitzrings. Der Autor dieser Zeilen sitzt daneben und staunt. Runde um Runde erscheint Köpckes hehrer Anspruch immer realistischer.
Der Fahrwerks-Profi fährt fort: "Da wird zunächst das schier Unmögliche verlangt, aber irgendwie kriegen wir's am Ende immer wieder hin." Tatsächlich: 64 Kilometer nördlich von Dresden erfahren wir auf der sächsischen Rennstrecke am eigenen Leib, was die Entwickler des neuen Panamera geschafft haben: den unglaublich weiten Spagat zwischen Komfort und Sicherheit auf der einen und extremer Sportlichkeit auf der anderen Seite.
Wer das Phänomen Panamera II begreifen will, muss sich etwas Zeit nehmen. Im Frühsommer brannte der neue Luxus-Porsche auf der Nürburgring-Nordschleife die sagenhafte Rundenzeit von 7:38 Minuten in den Asphalt. Der extrem auf Leichtbau und Dynamik getrimmte Sportwagen und Markenbruder 911 GT3 war vor weniger als zehn Jahren noch zwei Sekunden langsamer. Der Auftritt des Panamera ist also ebenso unglaublich wie unumstritten. Doch auf Wunsch und Knopfdruck wird der gut fünf Meter lange, für vier Sitzriesen extrem geräumige Luxussportler dank Luftfederung und elektronischem Fahrwerk zur wahren Sänfte. "Bestmarken" reklamiert Porsche für die zweite Ausgabe seiner Limousine deshalb nicht bei Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit oder Bremsweg, sondern mit Fug und Recht auch beim Komfort. Wer selbst drin sitzt und mitfährt, ist von den zunächst unfassbaren Zahlen und Behauptungen am Ende überzeugt.
Baureihenleiter Gernot Göllner verrät, dass beim Panamera II nur noch die Grundidee, der Name und das Markenwappen gleich geblieben seien: "Wir haben hier eine goldene Regel durchbrochen, nach der man nie gleichzeitig ein Fahrzeug, den Antriebsstrang und die Produktionsstätte erneuern soll." Beim neuen Panamera hingegen sei so gut wie nichts beim Alten geblieben. Dazu kämen komplett neu entwickelte Motoren und ein völlig neues Doppelkupplungsgetriebe (das achtstufige PDK), außerdem entstehe das neue Chassis in einem neuen Bodyshop in Leipzig, der dort für 500 Millionen Euro entstanden sei. Welch großen Schritt die Elektronik gemacht hat, belegt Göllner mit Zahlen: "Bei den 112 statt bisher 70 Steuergeräten im gesamten Fahrzeug haben sich Komplexität und Funktionsumfang von zwei auf 100 Millionen Zeilen Progamm-Code gesteigert."
Was der enorme Entwicklungsaufwand so alles bewirkt, lässt sich aber auch ohne Fach-Chinesisch und anhand einiger aussagekräftiger Beispiele auf den Punkt bringen.
Der Panamera 4S Diesel mit 422 PS/310 kW und 285 km/h Höchstgeschwindigkeit ist derzeit der schnellste Serien-Diesel der Welt und hat mit 850 Newtonmetern praktisch ab Startdrehzahl eine enorme Schubkraft. Bei der Entwicklung des 550 PS/404 kW starken 4,0-Liter-V8-Turbo haben die Ingenieure 1000 mögliche Brennraumformen simuliert, ehe die Architektur feststand.
Erstmals besteht die gesamte Außenhaut des Panamera aus Aluminium, was insgesamt 70 Kilogramm Gewicht spart. Die neuen Sitze mit Zehn-Kammer-Druckmassage und 18-Wege-Verstellung sind um 23 Prozent leichter geworden. Die elektromechanische Lenkung kommt ohne Hydraulikpumpe aus, was den Normverbrauch um 0,1 Liter senkt.
Die Leuchtleistung des Fernlichts ist von 120 auf 220 Lux gestiegen. Die Sensorik des Porsche-Navis schaut bis zu drei Kilometer weit voraus. Das Burmester-3-D-Surround-Sound-System peppt komprimierte Musikdateien wieder auf, was den Panamera selbst mit MP3-Musik vom Handy zum rollenden Konzertsaal macht.
Die von Porsche erstmals für den gesamten Volkswagen-Konzern entwickelte MSB-Plattform des Panamera ist nicht nur für eine Langversion, sondern auch für einen mit Sicherheit zu erwartenden Kombi geeignet. Schade nur, dass all dies minimal 113 027 Euro kostet, das Spitzenmodell Panamera Turbo sogar 153 011 Euro. Nicht nur die Spreizung von Performance und Komfort ist beim neuen Panamera schier unfassbar.
Zum Thema:
Ausführung:Luxus-LimousinePreis:153 011 EuroLänge:5,05 MeterBreite:2,17 MeterHöhe:1,42 MeterRadstand:2,95 MeterLeergewicht:1995 KilogrammZuladung:590 KilogrammGepäckraum:495 - 1304 LiterMotor:V8-BenzinerHubraum:3996 ccmLeistung:550 PS/404 kWDrehmoment:770 Nm von 1960 bis 4500 U/minAbgasnorm:Euro 6CO{-2}-Ausstoß:212 g/kmSpitze:306 km/h0 auf 100 km/h:3,6 SekundenNormverbrauch:9,3 Liter Super
