Verständigungsprobleme im Smart Home Nerviger Wirrwarr im smarten Haus

Berlin · Vernetzte Leuchten und Thermostate verrichten in vielen Haushalten ihren Dienst. Und die Technik wird vielseitiger.

 Alles unter Kontrolle: Über das Tablet können Bewohner die Luftqualität im Raum steuern.

Alles unter Kontrolle: Über das Tablet können Bewohner die Luftqualität im Raum steuern.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Das Türschloss öffnet sich, sobald sich ein Bewohner nähert. Der Staubsauger arbeitet sein Programm ab, auch wenn niemand daheim ist. Rollläden fahren morgens automatisch hoch und abends wieder runter. All das funktioniert entweder auf Sprachbefehl oder per App. Immer mehr Geräte und Komponenten kommen hinzu und lassen sich in das vernetzte Haus integrieren.

„Als Smart Home bezeichnet man die Vernetzung technischer Geräte, die sich zentral oder aus der Ferne steuern lassen“, erklärt Alexander Matheus vom Prüf- und Zertifizierungsinstituts des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. „Die Bandbreite reicht von der vernetzten Steckdose bis zum voll automatisierten Haus.“

Viele Nutzer starten mit der Beleuchtung oder Alarmanlagen. Zu den klassischen Anwendungen gehört die Fernsteuerung verschiedener Geräte – Multimedia, Sicherheit, Klima und Heizung sowie Beleuchtung der Räume. Beliebt als Einstieg sind intelligente Alarmanlagen und die Überwachungskameras am Hauseingang oder auf dem Grundstück. Wer die Heizungsanlage in ein Smart-Home-System einbindet, kann sie energieeffizienter betreiben. Das ist vor allem für Hauseigentümer ein Anreiz, sich damit zu beschäftigen.

Bevor jemand sein Zuhause vernetzt, sollte er sich gut überlegen, welchen Nutzen das haben soll und wie weit er dabei gehen möchte – am besten, bevor er die ersten Geräte installiert. Denn davon hängt ab, welche Technik sinnvoll ist. Bei der Auswahl eines Smart-Home-Anbieters sowie eines Systems sollten Kunden auch auf Sicherheit ihrer Daten achten.

Verschiedene Funkstandards „Für die meisten Haushalte kommen funkbasierte Systeme infrage, denn sie lassen sich unkompliziert installieren und bei Bedarf erweitern“, sagt Sebastian Klöß vom Digitalverband Bitkom. Es gibt Basis-Sets, zu deren Grundausstattung meist einzelne Aktoren, Sensoren und eine Schaltzentrale gehören, die die einzelnen Geräte anfunkt. Dabei gibt es laut Klöß ein Problem: „Bindet der Kunde Geräte verschiedener Hersteller in sein Smart Home ein, kann es sein, dass diese sich untereinander nicht verstehen.“ Da sie in verschiedenen Funknetzen arbeiten, funktioniert das Netzwerk nicht.

Im intelligenten Zuhause können verschiedene Funkstandards zur Anwendung kommen. Am meisten verbreitet ist WLAN, der Standard für Funknetzwerke zur Verbindung mit dem Internet. „Das hat eigentlich jeder zu Hause, viele Geräte werden direkt per WLAN angesprochen“, erklärt Klöß. Der Funkstandard sei jedoch energieintensiv und störanfällig. Besser geeignet sind seiner Meinung nach speziell für das Smart Home entwickelte Funkstandards, etwa ZigBee. „Dieser Funkstandard wird im Beleuchtungsbereich genutzt“, erläutert Klöß. ZigBee werde von vielen Herstellern unterstützt und habe einen niedrigen Energieverbrauch. „Z-Wave ist ebenfalls ein herstellerübergreifender Funkstandard, der von vielen Smart-Home-Geräten genutzt wird.“

Unterschiede der Systeme. „Wählt der Kunde ein Smart Home-System eines einzelnen Herstellers, ist er an dessen Funktechnik gebunden“, sagt Reinhard Loch, Leiter der Gruppe Energieeffizienz und erneuerbare Energien der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. In der Regel könne der Kunde dann keine Produkte anderer Hersteller in sein Netzwerk integrieren. Fachleute sprechen von einem geschlossenen System.

Offene Techniken können hingegen meist Geräte verschiedener Hersteller einbinden. „Sie haben einen von verschiedenen Anbietern für Smart-Home-Lösungen unterstützten Standard, zum Beispiel Bluetooth LE, EnOcean, WLAN, Z-Wave und ZigBee“, erklärt Loch.

Nutzer, die sich nur wenig mit der Technik auskennen, können auf einen einzelnen Smart-Home-Anbieter setzen, der alle Komponenten bereitstellt. „Das funktioniert in der Regel gut.“ Loch rät Verbrauchern, darauf zu achten, „dass alle Anwendungen verfügbar sind, die sie einbinden wollen.“

Wer experimentierfreudiger ist, kann versuchen, Geräte mehrerer Hersteller in sein intelligentes Zuhause zu integrieren. Dazu müssen sich Besitzer intensiver mit der Technik beschäftigen. „Denn auch offene Systeme haben ihre Grenzen“, gibt Alexander Matheus zu bedenken.

Die Technik entwickelt sich weiter „Einzelne geschlossene Systeme öffnen sich inzwischen auch für andere Hersteller – oft nur für gewisse Grundfunktionen“, erläutert Klöß. „Oder es werden keine automatischen Updates angeboten.“

In Zukunft könnte es leichter werden, Smart Home zu nutzen, ohne dass Kunden auf einzelne Hersteller festgelegt sind. Die Konkurrenten Amazon, Apple und Google bereiten gemeinsam mit anderen Smart-Home-Anbietern einen neuen offenen Standard (Connected Home over IP) vor. Wann erste Geräte für diesen Standard auf den Markt kommen, ist laut Bitkom-Spezialist Klöß noch nicht bekannt.

Für Anwender ist es einfacher geworden, seit sich digitale Sprachassistenten wie Amazons Alexa oder Apples Siri auf dem Markt etablieren. „Sie fungieren gewissermaßen als Dolmetscher und zentrale Schaltstelle im Smart Home“, erklärt IT-Fachmann.

Programmiert der Besitzer sie beispielsweise für die tägliche Morgenroutine im Haus, fahren die Assistenten laut Klöß zur festgelegten Uhrzeit die Rollläden hoch und schalten das Licht, das Radio sowie die Kaffeemaschine ein. „Meist klappt das auch, wenn die einzelnen Geräte mit verschiedenen Funkstandards funktionieren.“

Die Entwicklung geht immer weiter. In ein paar Jahren wird die Technik dank künstlicher Intelligenz auf das Verhalten der Menschen reagieren – und so automatisch wissen, was die Bewohner brauchen. „Dann wird das Smart Home ein selbst lernendes Haus sein, das die Bedürfnisse der Bewohner erkennt und die Abläufe selbstständig organisiert“, sagt Alexander Matheus.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort