Sebastian Schlössers Briefe an Sohn Matz aus der Psychiatrie

Wenn jemand von sich selbst sagt, "ich bin in der Klapse", hört sich das ein wenig lächerlich an. Bei Sebastian Schlösser steht hinter dieser Äußerung reales Erleben

Wenn jemand von sich selbst sagt, "ich bin in der Klapse", hört sich das ein wenig lächerlich an. Bei Sebastian Schlösser steht hinter dieser Äußerung reales Erleben. In seinen vorgeblichen Briefen aus der Psychiatrie unter dem Titel "Lieber Matz, Dein Vater hat 'ne Meise" versucht er, seinem achtjährigen Sohn die Hintergründe seiner Erkrankung und seines klinischen Heilungsprozesses zu verdeutlichen.Selbstkonfessionen an geliebte Personen sind heikel, besonders wenn sie, wie hier Sohn Matz, noch kleine Kinder sind. Da drängt sich der Verdacht auf, die Eigendarstellung stehe im Vordergrund und sei nur aus kommerziellen Gründen pädagogisch geschickt kaschiert. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man erfährt, dass Schlösser, wegen bipolarer Störungen in geschlossener psychiatrischer Behandlung, schon bald nach Einweisung mit der Materialsuche zu seinem späteren Buch begann. Damals war sein Sohn erst knapp ein Jahr alt.

Trotzdem sind Schlössers Briefe aus "Wolkenkuckucksheim" mit Gewinn zu lesen. Der Autor, vormals Dramaturg am Hamburger Schauspielhaus, schreibt flüssig und versteckt hinter der scheinbar kindlich-einfachen Manier Wortwitz und Originalität. Dass er sich stets seines Zustandes bewusst ist, zeugt von hoher Reflexionskraft und dem unbeirrbaren Willen zur Gesundung. Auch gibt das Buch Einblicke in das Großarsenal therapeutischer Maßnahmen. Trotz der gebetsmühlig gestreuten Blitzlichter zur Vorgeschichte der Erkrankung und der Beleuchtung familiärer und beruflicher Zwangssituation: Das Buch beleuchtet ehrlich menschliche Grenzsituationen. pes

Sebastian Schlösser: Lieber Matz, Dein Papa hat 'ne Meise. Ullstein, 238 Seiten, 18 €

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort