Gute Noten für die „Bildungsrepublik“

Berlin · Jahr für Jahr wird der OECD-Ländervergleich zur Bildung von Experten und Politikern mit Spannung erwartet. Manchmal gibt es Schelte, auch für Deutschland. Die neue Studie enthält einige gute Zeugnisnoten.

Die Job-Chancen junger Menschen sind in Deutschland mit seinem bewährten dualen Bildungssystem viel besser als in den anderen großen Industrienationen. Das geht aus dem Bericht "Bildung auf einen Blick 2015" hervor, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gestern vorstellte. Laut Vergleichsdaten für 2014 lag die Quote der 20- bis 24-Jährigen, die nach ihrer Schulzeit weder in Arbeit noch in Aus- oder Weiterbildung waren, hierzulande bei 10,1 Prozent - im Durchschnitt von 33 OECD-Staaten dagegen bei 17,9 Prozent.

In Großbritannien (17,0 Prozent), den USA (17,5), Frankreich (18,3), Spanien (29,0) und Italien (34,8) war die Quote der jungen Leute zwischen 20 und 24 Jahren ohne Integration ins Erwerbsleben deutlich schlechter als in Deutschland. Bessere Werte verzeichneten nur Luxemburg (9,0), Island (9,4) und Norwegen (10,0). Ähnlich sah es bei Männern und Frauen zwischen 15 und 29 Jahren aus: Erwerbslosigkeit in Deutschland bei 9,2 Prozent, OECD-weit bei 15,5 Prozent.

Laut Jahresbericht trugen "die gute Konjunktur, aber auch die leistungsfähige berufliche Bildung" dazu bei, jungen Menschen in der Bundesrepublik den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Mit dem dualen System - der Kombination von betrieblicher Lehre und Berufsschule - habe Deutschland "gute Voraussetzungen", auch die Arbeitsmarktintegration von Migranten zu stemmen, sagte der stellvertretende OECD-Generalsekretär Stefan Kapferer.

Die Beschäftigungsquoten in Deutschland waren bei allen Bildungsabschluss-Niveaus über dem OECD-Schnitt, hieß es weiter. Der Anteil der Erwerbstätigen unter den Hochqualifizierten - etwa mit Studienabschluss - liege bei herausragenden 88 Prozent. Zudem punktet Deutschland auch mit der lange vernachlässigten frühkindlichen Bildung etwa in Kitas oder bei Tagesmüttern in den Fokus. Die OECD bescheinigt dem Land dabei "gute Fortschritte auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit". Knapp zwei von drei Zweijährigen (2013: 59 Prozent) nehmen solche Angebote wahr, mehr als im OECD-Durchschnitt (39 Prozent). Die meisten Dreijährigen (92 Prozent) genießen jetzt eine Vorschulbildung - 2005 waren es nur 80 Prozent.

"Gerade Kinder mit Migrationshintergrund oder die neu ankommenden Flüchtlingskinder" könnten in Kitas ihr Deutsch verbessern, betonten Bundesbildungsministerin Johanna Wanka und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brunhild Kurth (beide CDU ). "Dieser erste Schritt in unser Bildungssystem ist für einen erfolgreichen Bildungsweg besonders wichtig."

Meinung:

Dauerbaustelle trotz Reformen

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Nach Jahren der schlechten Nachrichten aus dem Bildungssystem scheint nun die Zeit angebrochen zu sein, dass auch nachhaltige Erfolge vermeldet werden können. Die Reformanstrengungen, die Bund und Länder seit dem ersten Pisa-Schock 2001 unternommen haben, zahlen sich aus.

Das Bildungssystem beleibt aber eine Dauerbaustelle. Was nicht verwundert, wenn es erfolgreich und zukunftsorientiert sein soll. Dann muss man es auch permanent an sich ändernde Realitäten anpassen. Das fängt im Kleinen an, vom Zustand der Schulgebäude über die Dauer der täglichen Betreuung der Kinder bis hin zur Ausstattung der Klassenzimmer. Und das hört im Großen nicht auf - wie bei der Neufassung von Lehrplänen, der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien oder dem Umgang mit den überzogenen Anforderungen, die an Lehrer und Erzieher heutzutage gestellt werden.

Beklagenswert ist deshalb, dass in Deutschland immer noch deutlich weniger Geld für Bildung ausgegeben wird, als in anderen europäischen Ländern. Hier muss nachgesteuert werden, nicht zuletzt, weil die Integration tausender Flüchtlinge ins Bildungssystem ansteht.

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