Airbus kämpft um Platz im All

Paris · Neue Anbieter mischen das Raumfahrtgeschäft auf – mit niedrigen Preisen und hochfliegenden Plänen. Um dagegen anzukommen, gehen etablierte Unternehmen wie Airbus neue Wege.

 Kurz vor Weihnachten startete eine Ariane-5-Rakete in Kourou (Französisch-Guyana). In drei Jahren soll die neue kostengünstigere Ariane 6 erstmals fliegen. Foto: ARIANESPACE/dpa

Kurz vor Weihnachten startete eine Ariane-5-Rakete in Kourou (Französisch-Guyana). In drei Jahren soll die neue kostengünstigere Ariane 6 erstmals fliegen. Foto: ARIANESPACE/dpa

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Was Airbus in einer Fabrik in Florida vorhat, ist eine Revolution für das Satellitengeschäft des europäischen Luftfahrtriesen. "Bislang haben wir in guten Jahren nicht mehr als zehn Satelliten gebaut", resümiert Nicolas Chamussy, seit einem halben Jahr Airbus-Raumfahrtchef. "Hier werden wir zwei Satelliten am Tag liefern."

Für das ehrgeizige Projekt One Web, das mit einer Flotte aus 648 Kleinsatelliten rund um den Globus schnelles Internet anbieten will, soll Weltraum-Hightech in die Serienfertigung gehen. Es ist ein Beispiel dafür, wie Airbus im Raumfahrtgeschäft neue Wege geht, um seinen Platz gegen aufstrebende neue Konkurrenz zu behaupten.

Denn das Geschäft mit Raketen und Satelliten ist seit einigen Jahren in einem Umbruch. Neue Akteure wie der schillernde amerikanische Unternehmer Elon Musk mit seiner Firma Space X haben die Regeln der Sparte durcheinandergewirbelt. Sie drücken die Preise für Trägerraketen und machen Schlagzeilen mit hochfliegenden Zielen wie der Besiedlung des Mars. Im Satellitenmarkt öffnen kostengünstige Kleinsatelliten die Tür für neue Anbieter.

Europas etablierter Raumfahrtsektor muss umdenken: "Wir Europäer haben eine Tendenz, vorsichtiger zu sein, sind vielleicht nicht risikofreudig genug", sagt Chamussy. "Aber die Dinge ändern sich." So hat Europa nach zähen Verhandlungen sein Trägerraketengeschäft neu sortiert. Die neue, günstigere Rakete Ariane 6 soll 2020 das erste Mal fliegen. "Die Umstrukturierung des gesamten Trägerraketensektors war ein harter Kampf", sagt Chamussy. Ob das reicht, um die Falcon 9 von Space X zu schlagen? "Wir werden sehen, aber wir tun alles dafür."

Denn die Wettbewerber bereiten ebenfalls neue Raketen vor: "Wir zählen weltweit ein Dutzend Projekte für Trägerraketen vom Typ Ariane 6 und etwa 50 Projekte für kleine Trägerraketen ", erläuterte der Chef von Airbus Safran Launchers (ASL), Alain Charmeau.

Vorzeigeprojekt für Airbus' Versuch, im sogenannten New Space mitzumischen, ist One Web, hinter dem der Internetpionier Greg Wyler steht. Ziel ist bezahlbares Highspeed-Internet auch für abgelegene Gebiete. Ob sich der Traum des "Internet für alle" auch als Geschäftsmodell rechnet, muss sich aber erst zeigen. Airbus hat mit One Web vor einem Jahr ein Gemeinschaftsunternehmen zur Fertigung der Satelliten gegründet.

"Für uns war das etwas Neues. Wir gehen eine Wette ein", sagte Chamussy. "Eine reflektierte Wette natürlich. Wir investieren in ein Projekt, das wir für die richtige Initiative halten." Der erste Start ist für das erste Halbjahr 2018 geplant. "Die Entwicklung läuft gut, wir haben fast alle Zulieferer ausgewählt." Konkurrent auch hier: Space-X-Gründer Musk, der mit Unterstützung von Google an einem ähnlichen Internet-Projekt aus 4000 Satelliten arbeitet.

Wegen dieser Vorhaben erwartet das Beratungsunternehmen Euroconsult, dass von 2016 bis 2025 sage und schreibe 9000 Satelliten ins All gebracht werden - gegenüber 1480 im vorherigen Jahrzehnt. Auch wenn man Kleinstsatelliten herausrechnet, gehen die Experten davon aus, dass die Zahl der ins All geschossenen Himmelskörper um mehr als 50 Prozent zulegt. Der Markt für die Hersteller könnte demnach trotz des erwarteten Preisverfalls um 16 Prozent wachsen. Insgesamt erwartet Euroconsult für diesen Zeitraum einen Satelliten-Branchenumsatz von 280 Milliarden US-Dollar (266 Milliarden Euro). Weil das Raumfahrtgeschäft floriert, hat Airbus in diesem Bereich in den vergangenen beiden Jahren jeweils 1000 Mitarbeiter eingestellt. "Und wir streben für 2017 weitere 1000 an", sagt Chamussy. Der Bereich gehört zur Sparte Defence and Space mit rund 38 000 Mitarbeitern Ende 2015. Wie viele davon im Raumfahrtgeschäft arbeiten, schlüsselt Airbus nicht auf. Nach Einschätzung von Branchenkennern ist es etwa ein Drittel.

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