Forschungsprojekt zur Stromversorgung Wie die Stromversorgung sicher bleibt

Saarbrücken · Ein Forschungsprojekt unter saarländischer Beteiligung testet Konzepte zur Stromverteilung der Zukunft.

 Künftig werden viel mehr Stromversorger am Markt sein. Wie dann die Stromverteilung immer noch störungsfrei organisiert werden kann, testet gerade ein großes Forschungsprojekt.

Künftig werden viel mehr Stromversorger am Markt sein. Wie dann die Stromverteilung immer noch störungsfrei organisiert werden kann, testet gerade ein großes Forschungsprojekt.

Foto: dpa/Wolfgang Runge

Wenn Dirk Werth sagt, „dass die Sache nicht einfach wird“, neigt er zur Untertreibung. Denn der Leiter des Saarbrücker August-Wilhelm-Scheer-(AWS-)Instituts hat mit seinem Team eine der Kernaufgaben beim Forschungsprojekt Designnetz übernommen: den Aufbau einer Struktur für Informationstechnologie (IT) in der Stromversorgung. Das ASW-Institut ist einer von über 46 Partnern aus Energiewirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Forschung, die mitarbeiten. Sie sind alle im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen (NRW) beheimatet.

Hinter Designnetz steckt die Herausforderung, die Stromnetze auch dann noch stabil zu halten, wenn im Zuge der Energiewende die Versorgung mit Strom von großen Kraftwerken zu den Verbrauchern nach und nach durch dezentrale und zweigleisige Lösungen ersetzt wird und der Stromabnehmer zeitweise auch zum Anbieter werden kann. „Der heute noch als Einbahnstraße aufgebaute Fluss der elektrischen Energie ist spätestens dann Geschichte, wenn in 20 Jahren alle Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet sind“, sagt Werth. Die Aufgabe von Designnetz sei es, für diese Zeit eine Blaupause zu entwickeln. „Denn auch dann ist noch eine exakt gesteuerte Balance zwischen Stromverbrauch und -produktion unerlässlich, um einen Netzzusammenbruch zu verhindern“. Dies sei angesichts des schwankenden Angebots an Wind- und Sonnenstrom „nicht ganz einfach“.

Der Informatiker und Betriebswirt geht davon aus, dass es dann mehrere Millionen Stromanbieter geben wird, die permanent mit den Verbrauchern gekoppelt werden müssen. Das können neben Windparks, Solarfeldern, Biogasanlagen oder Wasserkraftwerken auch Elektroautos sein, dessen Solarzellen auf dem Wagendach Strom abgeben können. In der kleinsten Einheit können sich künftig beispielsweise die Bewohner einer Straße so miteinander vernetzen, dass jemand, dessen Solardach zuviel Strom erzeugt hat, diese gespeicherte Energie an den Nachbarn abgibt, wenn dieser gerade mehr braucht, als er selbst erzeugt. „Aus einer Fülle von Einzellösungen wird so ein überregionales Netz“, verdeutlicht der Werth die Philosophie von Designnetz.

Die Saarbrücker Forscher haben die Aufgabe übernommen, für das künftige Stromnetz „eine einheitliche, offene und sichere Daten- und Dienstplattform“ zu entwickeln. „Denn die intelligente Vernetzung mitsamt dem Austausch energiewirtschaftlicher Daten ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, dass das Vorhaben gelingt“. Die IT-Infrastruktur „ist das Rückgrat des Designetzes“, sagt Werth. Damit das Ganze nicht im luftleeren Raum stattfindet, soll an Demonstrationsobjekten, an denen sich Partner aus der Industrie beteiligen, gezeigt werden, wie das Zusammenspiel in Zukunft auf der Netzebene funktionieren soll.

  Dirk Werth, Leiter des Saarbrücker August-Wilhelm-Scheer (AWS)-Instituts.

Dirk Werth, Leiter des Saarbrücker August-Wilhelm-Scheer (AWS)-Instituts.

Foto: AWS

Designnetz wurde 2017 gestartet und soll bis Ende 2020 laufen. Es ist Teil des Förderprogramms Sinteg des Bundeswirtschaftsministeriums. In fünf Schaufensterprojekten sollen in einzelnen Regionen der Republik die künftige Stromversorgung Deutschlands auf Basis erneuerbarer Energien von möglichst vielen Seiten beleuchtet und Lösungen erarbeitet werden. Der Bund steuert 200 Millionen Euro bei, hinzu kommen noch 300 Millionen Euro, die die beteiligten Unternehmen in diverse Vorhaben investieren. Beim Projekt Designnetz sind aus dem Saarland unter anderem die VSE, die Stadtwerke Saarlouis, der Blieskasteler Elektrotechnik-Konzern Hager sowie das Saarbrücker Software-Haus Predict mit dabei, aber auch die Firma Voltaris, die Häuser und Wohnungen mit intelligenten Messsystemen zur Steuerung des Stromverbrauchs ausstattet. Im Forschungsbereich ist neben dem AWS-Institut die Universität des Saarlandes, die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) sowie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz mit von der Partie.

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