Wie die Saar-Kohle ein ganzes Land befeuerte

Der Steinkohle-Bergbau an der Saar kann nicht von der Entwicklung anderer Wirtschaftsbereiche isoliert betrachtet werden. Denn das "schwarze Gold", das die Bergleute aus der Erde holten, hatte zur Folge, dass sich rund um die Kohleförderung eine weiterverarbeitende Industrie entwickelte, die auf dem Energieträger Kohle basierte

Der Steinkohle-Bergbau an der Saar kann nicht von der Entwicklung anderer Wirtschaftsbereiche isoliert betrachtet werden. Denn das "schwarze Gold", das die Bergleute aus der Erde holten, hatte zur Folge, dass sich rund um die Kohleförderung eine weiterverarbeitende Industrie entwickelte, die auf dem Energieträger Kohle basierte.In erster Linie war dies die Stahlindustrie, für die die saarländische Kohle spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zum Wachstumsmotor wurde. Denn die Saar-Kohle eignete sich teilweise hervorragend dazu, Koks herzustellen, der als Reduktionsmittel für die Eisenverhüttung unerlässlich ist. Vor allem die Fettkohle aus dem Fischbach- und Sulzbachtal war hierzu hervorragend verwertbar. Um die Kohle in Koks umzuwandeln, wurden an der Saar Kokereien gebaut - unter anderem in Dudweiler, Altenwald, Neunkirchen, Heinitz, Reden und Fürstenhausen. Auch die Stahlindustrie errichtete die mächtigen Kolosse, in denen die Kohle auf bis zu 1000 Grad erhitzt wird, um Bestandteile wie Steinkohle-Teer, Roh-Benzol oder Schwefelsäure aus ihr zu entfernen und sie damit für die Eisenerzeugung im Hochofen brauchbar zu machen.

Ohne die Kohle wäre auch die Energielandschaft an der Saar undenkbar. Schon früh begann man Kraftwerke zu errichten, von denen eines der ältesten in Luisenthal stand. In den Kraftwerken wurde neben der Kohle frühzeitig auch Gas eingesetzt, das im Kokerei-Prozess entstand und sich zur Stromerzeugung eignete. Später wurden an den heute noch existierenden Standorten in Völklingen-Fenne, Bexbach, Göttelborn und Ensdorf große Kohlekraftwerke errichtet, die seit Jahrzehnten als Landmarken die Saar-Region prägen.

Darüber hinaus richtete sich die Verkehrsinfrastruktur stark nach dem Bedarf des Bergbaus aus. Vor allem die Bahn, die zum wichtigsten Transportmittel für das "schwarze Gold" wurde. Beispielsweise wurde die erste Bahnstrecke, die das Gebiet des heutigen Saarlandes erreichte - die pfälzische Ludwigsbahn aus dem Jahr 1848 - so Richtung Osten gelenkt, dass sie durch Neunkirchen und das Sulzbachtal führte und damit die wichtigsten Teile des Steinkohle-Reviers verkehrstechnisch erschloss.

Blüte der Glasindustrie

Auch die Saar als Wasserstraße würde es ohne den Bergbau nicht geben. Im 19. Jahrhundert wurde der Saar-Kohlen-Kanal gebaut, der die Saar mit dem Rhein-Marne-Kanal in Frankreich verband und zunächst bis Luisenthal und später bis Ensdorf ging. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden außerdem Pläne geschmiedet, einen Saar-Pfalz-Rhein-Kanal zwischen Saarbrücken und Mannheim durch die Pfalz zu graben. Doch nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden diese Planungen eingestellt. Auch die Kanalisierung der Saar Richtung Mosel wurde immer wieder geplant und verworfen, bis sich der Bund und die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland im Jahr 1974 in einem Verwaltungsabkommen auf die Finanzierung einigten.

Die Kohle förderte zudem die Blüte einer Glasindustrie, die bereits im 16. Jahrhundert von lothringischen Hugenotten an die Saar gebracht wurde. Im 18. Jahrhundert erlebte sie eine erste Blüte und konzentrierten sich im Warndt (lothringisches Kohlebecken und Warndtwald) und dem Saarkohlenwald (Friedrichsthal, Sulzbach, St. Ingbert) sowie bei Saarbrücken und Völklingen (Gersweiler, Klarenthal, Luisenthal). Im Laufe der Jahrzehnte stellte sich heraus, dass die Glas-Öfen wesentlich besser und günstiger mit Koks statt mit Holzkohle befeuert werden konnten. Auf der anderen Seite waren Kohle und Stahl auch Wettbewerber im Kampf um Arbeitskräfte. Daher verschwanden im 19. Jahrhunderts viele Glashütten. Dieser Trend setzte sich im 20. Jahrhundert fort, so dass nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich noch die Tafelglashütte St. Ingbert und die Cristallerie Wadgassen überlebten, die aber heute als Glasfabriken auch nicht mehr existieren.

 Schwerstarbeit in der Völklinger Hütte in den 1930er Jahren: Ohne Kohle wäre die Stahlindustrie an der Saar nicht denkbar gewesen. Foto: SZ/Hütte

Schwerstarbeit in der Völklinger Hütte in den 1930er Jahren: Ohne Kohle wäre die Stahlindustrie an der Saar nicht denkbar gewesen. Foto: SZ/Hütte

Die Saarbergwerke selbst waren nach ihrer Gründung im Jahr 1957 ebenfalls darum bemüht, Wertschöpfung außerhalb des Bergbaus zu schaffen und einen so genannten "weißen Bereich" zu bilden. Ziel war, die seit den 1960er Jahren sinkende Bedeutung des Bergbaus zu kompensieren, indem der Konzern sich neue Geschäftsfelder erschloss. Dazu gehörten neben einem eigenen Kraftwerkspark die Verwertung von Grubengas, die Erforschung einer eigenen Verkokungstechnik sowie die Kohle-Verflüssigung und -Vergasung. Eine Zeit lang waren die Saarbergwerke auch an einer Kohlegesellschaft in den USA beteiligt (Ashland Coal). Das Unternehmen war außerdem im Brennstoffhandel mit Kohle und Heizöl aktiv - bis hin zu einer Tankstellen-Kette (Frisia). Der Konzern verfügte in Völklingen außerdem über eine eigene Raffinerie- und Chemie-Plattform, stellte Plastik- und Gummi-Teile her (Thermoplast und Saar-Gummi), engagierte sich in der Abfallwirtschaft (Sotec), legte die Grundlage für die Fernwärmeschiene Saar, war im Holzhandel tätig (Kohlbecher) und hatte eigene Werkzeug-Fabriken (Belzer-Dowidat).

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