Telefonieren in Europa bald zum Billig-Tarif

Brüssel · Die Europäische Kommission will die Gebühren für die Handynutzung im Ausland innerhalb der EU abschaffen. Künftig müssten allen Kunden Tarife angeboten werden, die in der ganzen EU und nicht nur im eigenen Heimatland gelten.

Ob Mallorca, Bretagne oder Toskana - ab 1. Juli 2014 gibt es Europa-Telefonate zum Billig-Tarif. Die EU-Kommission hat gestern das lange umstrittene Paket zur Neuregelung des Telekommunikationsmarktes vorgestellt. Wichtigster Punkt: Das Aus für die Roamingzuschläge in zwei Schritten. Ab 1. Juli 2014 fallen die Aufpreise für ankommende Anrufe im EU-Ausland. Bis 2016 sollen auch die zusätzlichen Gebühren für abgehende Gespräche, SMS, MMS, Datendienste und Festnetz gestrichen werden. Brüssels zuständige Kommissarin Neelie Kroes sprach von "großartigen Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in Europa." Tatsächlich kann sich der Verbraucher über fallende Preise auf breiter Front freuen, denn die lästigen Auslands-Zuschläge werden auf Null gesenkt. Ein Handy-Telefonat darf dann noch höchstens 19 Cent pro Minute (plus Mehrwertsteuer) kosten - genauso viel wie im heimischen Netz.

Um das sicherzustellen, können die Unternehmen entweder EU-weit einheitliche Tarife einführen. Oder sie müssen eine technische Möglichkeit schaffen, damit sich der Urlauber, "ohne die SIM-Karte zu wechseln", in das preiswertere Netz eines heimischen Anbieters einklinken kann. Auch der Datenverkehr und sogar Festnetz-Gespräche müssen auf Inlands-Niveau gesenkt werden. Kroes: "Es wird keine willkürlichen Gewinne mehr aus Anrufen innerhalb der EU geben."

In der Branche haben die Pläne Brüssels bereits heftigen Widerstand ausgelöst. Dabei hält die Kommission für die Konzerne durchaus attraktive Lockangebote bereit. Bisher, so die Kommissarin, orientiere sich "der Sektor immer noch mehr oder weniger an 28 nationalen Märkten". Es gebe "kein einziges Telekommunikationsunternehmen, das in der gesamten EU vertreten" sei. Das soll sich nun ändern können. Denn künftig braucht ein Provider nur noch eine einzige Genehmigung, um seine Dienstleistungen in allen 28 Mitgliedstaaten anbieten zu können. Über die Einhaltung der Regeln wacht dann lediglich ein Regulierer. Ob Mobilfunk, Datendienste oder Festnetz - die Konzerne können also mit deutlich verringertem Aufwand europaweit auftreten. Das werde zu einer weiteren Liberalisierung des Marktes und zu vielen verbraucherfreundlichen Angeboten führen, ist man sich in Brüssel sicher.

Auch beim Internet schlägt die Kommission eine deutlich andere Linie an, als zunächst befürchtet worden war. Hatte es zunächst geheißen, Kroes werde die Versuchsläufe einiger Provider genehmigen, eigene Angebote mit besonders hohen Geschwindigkeiten im Netz zu bevorteilen, drängt man nun auf das Gegenteil. "Das Blockieren und Drosseln von Internet-Inhalten soll verboten werden", heißt es in dem Vorschlag. Nutzer müssten "Zugang zu einem uneingeschränkten und offenen Internet haben". Zwar könnten die Konzerne auch künftig "Spezialdienste" wie IPTV, Video-on-Demand, hochauflösende Bildgebung in der Medizin, virtuelle Operationssäle oder datenintensive Cloud-Anwendungen anbieten. Dies sei aber nur erlaubt, "solange dadurch die den anderen Kunden zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingeschränkt" würden.

Und noch eine Regelung soll den Verbrauchern zugutekommen: Wenn ein Kunde die bestellte und bezahlte Geschwindigkeit im Datennetz nicht erhält, darf er künftig seinen Vertrag auch vorzeitig kündigen.

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